Im 19. Jahrhundert hatten die Naturwissenschaften ein großes
Reservoir an Wissen über Elektrizität, Optik, Mechanik und Thermodynamik
angesammelt. 1896 er-schütterte die Meldung von der Entdeckung der
Radioaktivität dieses anscheinend so stabile Lehrgebäude. Plötzlich
war den Physikern klar geworden, dass die Materie einen inneren Aufbau
haben müsse, von dem bisher nichts bekannt war.
Am 20. Jänner 1896 präsentierte Henri Poincaré an der
Akademie der Wissenschaften in Paris Wilhelm Röntgens Forschungsergebnisse.
Ein Jahr zuvor waren die für die Medizin und andere Bereiche der
Wissenschaften bedeutsamen Strahlen entdeckt worden. Henri Becquerel hörte
mit Interesse zu. Da er Mineraloge und Fotograf war und sich mit Lumineszenz
und Phosphoreszenz auskannte, begann er, nach Mineralien zu suchen, die
eventuell unsichtbare Strahlen aussendeten. Für seine Experimente
verwendete er Kristalle aus Uranyl- und Kaliumsulfat. Zunächst glaubte
Becquerel, dass die Sonne die Kristalle zur Erzeugung von Strahlen anregte,
die eine Fotoplatte durch dickes Papier hindurch schwärzen konnten.
Bald erkannte er, dass die Kristalle auch ohne äußeren Einfluss
unsichtbare Strahlen abgeben. Am 18. Mai schrieb Becquerel in sein Notizbuch:
„… bisher ist nicht erkennbar, woher das Uran die Energie
nimmt, die es mit so großer Beharrlichkeit aussendet.“ Ein
Jahr später notierte er, dass die Strahlung des Urans innerhalb eines
Jahres nicht nachgelassen habe.
Nach Becquerels Entdeckung begannen mehrere Physiker, sich der Sache
anzunehmen. Besonders erfolgreich war dabei das Ehepaar Pierre und Marie
Curie. Professor Curie hatte die polnische Physikstudentin Maria Sklodowska
1895 geheiratet. 1897 wurde ihre erste Tochter, die spätere Nobelpreisträgerin
Iréne, geboren. Danach begann Marie auf Anraten ihres Mannes, eine
Doktorarbeit über Radioaktivität zu schreiben. Als Marie mehrere
radioaktive Mineralien entdeckte, begann Pierre Curie, seine Frau systematisch
zu unterstützten. Im Juli 1897 veröffentlichte das Ehepaar die
Entdeckung eines neuen Elements, das sie nach dem Heimatland der Frau
„Polonium“ nannten. In dieser Arbeit tauchte erstmals die
Bezeichnung „radio-aktiv“ auf. Ein Jahr später entdeckten
sie ein Element, das mehr als eine Million mal so stark strahlte wie Uran.
Sie nannten es „Radium“, was „das Strahlende“
bedeutet. Die Isolierung gestaltete sich schwierig, weil die Curies fast
3 Tonnen Uranerz chemisch zerlegen mussten um ein Gramm Radium zu erhalten.
1903 erklärte der aus Neuseeland stammende Nobelpreisträger
Ernest Rutherford die Radioaktivität durch die Umwandlung von Atomen.
1911 entdeckte er mit Hilfe der Alphastrahlen des Radiums den Atomkern.
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