Welt der Naturwissenschaften
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JULES HENRI POINCARÉ |
Jules Henri Poincaré (1854-1912), ein Cousin des französischen Präsidenten Raymond Poincaré (1860-1934) war einer der letzten großen Universalgelehrten der Neuzeit, ein Genie sowohl auf dem Gebiet der Physik als auch der Mathematik. Nach seinem Studienabschluss als Ingenieur arbeitete er als Techniker im Bergbau. Später begann er eine Lehrtätigkeit für mathematische Analytik in Caen, die er 1881 in Paris fortführte. 1886 erhielt er die Professur für mathematische Physik und Wahrscheinlichkeitstheorie an der Sorbonne. Poincaré entwickelte während seiner Lehrtätigkeit die Grundlagen für eine Fülle neuer Theorien, die heute aus den Wissenschaften nicht mehr wegzudenken sind. Seine Arbeiten über die Funktionentheorie zur Algebra, die Theorie der Differentialgleichungen, die theoretische Physik und das Dreikörperproblem in der Astronomie revolutionierten die Wissenschaft seiner Zeit. Unabhängig von Albert Einstein entwickelte er die Grundlagen der Relativitätstheorie. 1889 hat Poincaré die langfristige Stabilität der Planetenbahnen untersucht. Er fand heraus, dass sich winzige gegenseitige Bahnstörungen aufschaukeln und zu unberechenbaren Veränderungen führen können. Obwohl Poincaré diese Entdeckung nicht weiterverfolgte, da er vor den Konsequenzen zurückschreckte, spricht man heute von „Poincaré-Szenarien“: Ein nach festen Regeln funktionierendes System wechselt vom geordneten zum chaotischen Verhalten. Poincaré gilt seither als Vater der Chaostheorie, die in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts neu entdeckt wurde. Poincarès Bücher sind voll von philosophischen und wissenschaftstheoretischen Gedanken: „Nun haben wir aber jeden Tag ihren Einfluss [der Wissenschaften] vor Augen. Das könnte nicht der Fall sein, wenn sie uns nicht etwas Reelles erkennen ließe; aber was sie erreichen kann, sind nicht die Dinge selbst, wie die naiven Dogmatiker meinen, sondern es sind einzig die Beziehungen zwischen den Dingen; außerhalb dieser Beziehungen gibt es keine erkennbare Wirklichkeit." Und an anderer Stelle: „ … und doch - seltsamer Widerspruch für die, die an die Zeit glauben - zeigt uns die geologische Geschichte, dass das Leben nur eine kurze Episode zwischen zwei Ewigkeiten des Todes ist, und dass in dieser Episode selbst der bewusste Gedanke nur einen Augenblick gedauert hat und dauern wird. Der Gedanke ist nur ein Blitz inmitten einer langen Nacht. Aber dieser Blitz ist alles." Am 29. April, dem 150. Geburtstag von Jules Henri Poincaré, erinnerten sich wohl nur wenige Menschen an diesen Wegbereiter der Moderne. |
Chaos und Ordnung |
© 2004 Rudolf Öller, Bregenz |
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