Welt der Naturwissenschaften
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CHAOS UND ORDNUNG |
Die Ende der Siebzigerjahre aufgetauchte Chaostheorie besagt, daß der gesamten Schöpfung das Prinzip des Chaos zugrunde liegt. Die Idee ist nicht neu, trotzdem erregte die Sache Aufsehen, weil sich die Wissenschaft dem Prinzip des Chaos erstmals mit mathematischen Methoden näherte. Die Chaostheorie stößt teilweise noch auf Ablehnung, weil der gängige Chaos-Begriff negativ ist. Chaos ist Unordnung und Wirrnis. Chaos im ursprünglichen Wortsinne (griechisch "kaos") ist das Gegenteil von Kosmos und bezeichnete bei den griechischen Philosophen den ungeordneten Stoff vor der Entstehung unserer übersichtlichen Welt. Aus den philosophischen Meinungen über das Chaos ragen die Worte der beiden französischen Mathematiker Laplace und Poincaré heraus. Pierre Simon de Laplace (1749-1827) meinte, daß man die Zukunft aller Systeme dann voraussagen kann, wenn man alle Einzelheiten eines Systems kennt. Diese Theorie ging als der "Laplacesche Dämon" in die Geschichte ein. Dieser Dämon sollte eine Maschine sein, die alle Dinge der Welt weiß und daraus die Zukunft mechanisch vorhersagen könne. Henri Poincaré (1854-1912) war anderer Meinung. Er meinte, daß kleine und unsichtbare Ursachen beachtliche Effekte bewirken können, die wir nicht mehr übersehen können. Poincaré lehrte, daß wir die Dinge dieser Welt niemals genau genug messen können um die Zukunft sicher vorhersagen zu können. Wir sprechen dann von zufälligen Entwicklungen, obwohl gar kein Zufall wirkt sondern nur eine unbekannte Zahl nicht genau meßbarer Kräfte. Die Fakten geben Poincaré recht. Das Verhalten eines Systems ist nur dann vorhersagbar, wenn es einfach gebaut ist. Betrachen wir die Welt der kleinsten Teilchen. Wenn man radioaktives Jod-131 untersucht, so kann vorausgesagt werden, daß innerhalb von 8 Tagen die Hälfte aller Atome zerfallen wird. Der genaue Zerfallszeitpunkt gesonderter Atome ist dagegen nicht vorhersagbar. Bei größeren und komplizierteren Dingen, wie etwa Uhren, Computern, Motoren usw. sind grundsätzlich nur noch unscharfe Prognosen möglich. Ein minimaler Störfaktor genügt, und das Ding funktioniert nicht mehr richtig. Gänzlich unberechenbar, also mathematisch chaotisch, sind hochkomplizierte Dinge wie Weltmärkte, Börsenkurse, das Wetter oder die menschliche Gesellschaft. Man kann das Verhalten dieser Riesensysteme bestenfalls kurzfristig vorhersagen, aber nie so exakt, wie man es haben möchte. Genau das meint die Wissenschaft, wenn sie vom Chaos spricht. Chaos ist nicht Unordnung sondern die sichtbare Wirksamkeit kleinster und unbestimmbarer Faktoren. Chaos und Ordnung sind daher nicht nur Geschwister, es sind siamesische Zwillinge. |
Henri Poincaré
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© 1998 Rudolf Öller, Bregenz |
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