Der Österreicher Leopold Kohr (1909-1994) veröffentlichte
unter anderem Bücher wie "The Overdeveloped Nations" (die
überentwickelten Nationen). Von ihm stammt der bekannte Satz "small
is bautiful" (klein ist schön). Kohr plädierte für
überschaubare Strukturen. Die Amerikaner denken anders. "Think
big!" (etwa: denke in großen Dimensionen!) ist die Devise eines
Yankee.
Sind große oder kleine Strukturen überlegen? Wir werfen einen
kurzen Blick auf die Natur. Den Sauriern sagt man nach, dass sie wegen
ihrer Größe ausgestorben sind, aber das ist falsch. Vor 65
Millionen Jahren verschwanden auch die Winzlinge. Gleichzeitig mit den
Sauriern starben auch die Ammoniten aus. Das waren Tintenfische mit einem
schneckenähnlichen Gehäuse. Die kleinsten waren fingernagelgroß,
die größten waren so stattlich wie Traktorreifen. Die heute
lebenden Tierarten zeigen eine mächtige Vielfalt. Der Albatros hat
eine Flügelspannweite von über drei Metern, der Kolibri - ebenfalls
ein Vogel - ist so klein wie eine Hummel. Das größte Säugetier,
der Blauwal, hat eine Masse von 130 Tonnen, das kleinste Säugetier,
eine Spitzmaus, wiegt nur etwa ein bis zwei Gramm. Bei den Reptilien sind
die Unterschiede ebenfalls beachtlich. Der Echsenfinger-Gecko hat lediglich
2 Gramm, aber ein afrikanisches Krokodil bringt es leicht auf ein bis
zwei Tonnen. Die Zwerggrundel ist mit 0,2 Gramm sowohl der kleinste Fisch
als auch das kleinste Wirbeltier. Der größte Fisch aller Zeiten
war mit 120 Tonnen der ausgestorbene Hai Carcharodon megalodon.
Diese Beispiele zeigen, dass Größe oder Kleinheit allein nicht
über Vor- oder Nachteil entscheiden. Das Maß aller Dinge in
einem Ökosystem sind Artenvielfalt und ausreichend Energie. Artenreiche
Ökosysteme sind in der Regel stabil. Beispiele dafür sind tropische
Regenwälder und Korallenriffe. Das Modell der Vielfalt ist auf die
Ökonomie übertragbar. Die USA haben eine freie und vielfältige
Wirtschaft, gleichzeitig sind sie der mit Abstand größte Energieverbraucher.
Der wirtschaftliche Erfolg der USA beruht langfristig auf billiger Energie
und einer liberalen Politik, die Vielfalt zulässt. Solange Energie
längere Zeit kostengünstig ist und der Staat eine wirtschaftliche
Vielfalt fördert, läuft der Wirtschaftsmotor rund. Wenn sich
der Staat aber zu sehr in die Wirtschaft einmischt, zum Beispiel durch
Verstaatlichung (siehe Kommunismus) und Protektion (siehe Japan), oder
Energie knapp und teuer wird, dann wird das System instabil. Politiker
sollten sich auch in biologischen und ökolgischen Denkstrukturen
kundig machen, zumal Energie weltweit und langfristig sicher teurer werden
wird.
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