Alle haben es bemerkt. Ostern fällt in diesem Jahr auf einen besonders
frühen Zeitpunkt. Dieses bewegliche Kirchenfest zieht terminlich
auch andere Feste mit sich. So dürfen sich Katholiken und Sozialisten
in diesem Jahr darauf freuen, das bewegliche Fest Christi Himmelfahrt
und den unbeweglichen 1. Mai gemeinsam zu feiern. Immer wieder taucht
die Frage auf, was die Ursache für diese Terminschwankungen ist.
Der Grund liegt darin, dass niemand weiß, wann Jesus von Nazareth
am Kreuz hingerichtet wurde. Die Evangelisten haben zwar das jüdische
Pessachfest erwähnt, die Angabe des Jahres aber vergessen. Aus
diesem Grund konnte die Kirche den Ostertermin nicht genau festlegen,
die Bischöfe waren gezwungen, das Osterfest aus dem jüdischen
Pessachfest (auch: Passahfest) abzuleiten, das am ersten Frühlingsvollmond
beginnt. Da im jüdischen Kalender der Frühlingsbeginn nicht
genau definiert und – wie erwähnt – das Todesjahr des
Jesus von Nazareth nicht bekannt ist, hat sich das erste Konzil der
Christenheit in Nicäa im Jahr 325 bemüht, eine allgemein akzeptable
Regel zu finden. Der damals gefasste Beschluss beruht auf dem julianischen
Kalender und gilt - mit einer kleinen Abänderung durch Papst Gregor
XIII - noch heute.
Das Osterfest wird am ersten Sonntag nach dem ersten Frühlingsvollmond
gefeiert. Die Tag- und Nachtgleiche als Frühlingsbeginn wurde von
den Konzilsbischöfen auf den 21. März gelegt. Es hätte
auch jeder andere Tag sein können, aber dieser Konzilsbeschluss
wurde damals so gefasst und nie geändert. Wenn man alle Möglichkeiten
durchrechnet, so ergibt sich als frühester Ostertermin der 22.
März und als spätester der 25. April. Zufälligerweise
liegen die Ostersonntage 2008 und 2011 nahe an diesen Extremterminen.
In drei Jahren wird der Aschermittwoch im März liegen, Ostern wird
auf den 24. April fallen.
Die Beweglichkeit des Osterfestes ist die Folge einer Wissenslücke.
Manche Zeitgenossen glauben irrtümlicherweise, dass eine Wissenschaft
nur dann als solche bezeichnet werden darf, wenn sie wiederholbare Experimente
vorweisen kann. Das wäre aber zu einfach, denn in diesem Fall könnte
man die Geschichte nicht als Wissenschaft betreiben. Weder das Leben
von Julius Caesar noch das von Jesus oder einer anderen Person sind
wiederholbar. Heute gelten erweiterte Kriterien. Wir sollten die Gewissheit
akzeptieren, dass keine Wissenschaft der Welt alle Fragen wird lösen
können. Wir können Erklärungen für Naturvorgänge
entwickeln, und in diesen Bereichen sind Biologie, Chemie und Physik
äußerst erfolgreich. Wir können aber niemals alles endgültig
wissen, und das gilt auch und ganz besonders für die Geschichtswissenschaften
und die Theologie.