In manchen Zeitungsredaktionen war und ist es üblich, das Tageshoroskop
von einem Jungredakteur schreiben zu lassen. Er musste sich lediglich
aus einer Textsammlung bedienen. Heute kann man das dem Zufallsgenerator
eines Computers überlassen. Fast jeder Informatikschüler einer
Maturaklasse kann so was programmieren. Trotzdem nehmen viele Leser
das Tageshoroskop für bare Münze. Ein übermütiger
Redakteur einer englischen Tageszeitung schrieb einmal folgenden Satz:
„Alle Sorgen des vergangenen Jahres sind nichts im Vergleich zu
dem, was Ihnen heute widerfahren wird“. Die Panikwelle, die daraufhin
über die Zeitung hereinbrach, war beispiellos. Eine erschreckend
hohe Zahl von Lesern hatte den Unsinn tatsächlich geglaubt.
Eine Skinner-Box - benannt nach dem amerikanischen Psychologen Burrhus
F. Skinner (1904-1990) - ist ein programmierbares Gerät, das Tiere
bei bestimmten Verhaltensweisen mit Futter belohnt. Ratten und Tauben
sind von der Größe her geeignete Versuchstiere. Wenn sie
etwas Bestimmtes tun, beispielsweise eine Taste drücken oder eine
Bewegung ausführen, erhalten sie Futter. Diese Konditionierung
funktioniert auch dann, wenn die Verabreichung von Futter nur nach jeder
zehnten verlangten Aktion oder noch seltener erfolgt, denn Tiere sind
erstaunlich gute Statistiker. Sie kapieren schnell, dass eine bestimmte
Tätigkeit mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit einen Erfolg zeigt.
Dies ist eine sinnvolle Einrichtung des Wirbeltiergehirns. Die Ente,
die im Schlamm eines Teiches wühlt, findet nicht immer eine Schnecke
oder einen Wurm, aber hie und da doch, und das genügt, um sich
den Vorgang zu merken.
Wenn nun die Skinner-Box auf Zufall geschaltet wurde, wenn also die
Futtergabe willkürlich erfolgte, entwickelten die Tiere ein abergläubisches
Verhalten. Sie variierten verschiedene Aktionen, bis Futter kam. Hernach
glaubten sie, die scheinbar erfolgreiche Bewegung wiederholen zu müssen
und ließen sich auch von Erfolglosigkeit und vermeintlichen „Fehlern“
der Maschine von ihrem Aberglauben nicht mehr abbringen. Sie handelten
nach dem sinnlosen Motto „irgendwas wird schon dran sein“.
Nach diesem Irgendwas-wird-dran-sein-Prinzip handeln auch alle abergläubigen
Menschen. Sie versuchen nichts anderes als einem vorprogrammierten Befehl
unseres Gehirns zu folgen: Regelmäßige Gegebenheiten in der
Natur zu erkennen und zu nutzen. Dieses Programm bringt unser Gehirn
manchmal soweit, Gesetzmäßigkeiten auch dort zu „sehen“,
wo gar keine existieren. Genau das ist das innere Wesen des Aberglaubens
bei Tieren und Menschen. Die einzige Chance, diese Illusion zu durchbrechen,
ist gut trainiertes systematisches Denken.