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7. November 2024


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DAS TURINER GRABTUCH

Im Mai 1898 fotografierte der Turiner Ratsherr Secondo Pia das "Turiner Grabtuch". Im Negativ des Fotos zeigte sich das Bild eines Mannes, der von Gläubigen für das wahre Abbild von Jesus gehalten wird. Im August 2000 wurde im Dom zu Turin das 4,36 Meter lange und 1,09 Meter breite Grabtuch gezeigt, mit dem Jesus nach der Kreuzabnahme zugedeckt worden sein soll. In dem Leinen, sofern es sich tatsächlich um ein Leichentuch handelte, könnte auch ein Unbekannter gelegen haben. Zur Zeit der römischen Cäsaren hat man unzählige Menschen gefoltert und gekreuzigt.

Der auf dem Tuch abgebildete Leichnam hat seine Hände über dem Unterleib gekreuzt, eine erst ab dem 11. Jahrhundert übliche Bestattungsmethode. Bei den Juden kreuzte man bei Verstorbenen die Hände über der Brust. Außerdem wurden die Toten bei den Juden kahl geschoren, was beim Abbild auf dem Tuch nicht der Fall ist. Dies mögen alles Zufälligkeiten sein, aber andere Untersuchungsergebnisse sind schwerwiegender. Das Tuch wurde bereits vor rund 640 Jahren vom französischen Priester Cyr Ulysse Chevalier untersucht. In seinem Bericht wurden Zweifel an der Echtheit geäußert, zumal der damalige Besitzer Auskünfte über die Herkunft des Tuches verweigerte. 1389 berichtete der französische Bischof Pierre d’Arcis dem Papst, dass das vermeintliche Grabtuch "auf listige Weise" gemalt wurde und aus Gründen der Gewinnsucht für die Kirche erworben worden sei. Tatsächlich besteht das Abbild aus Roteisenocker, Flüssigkeitsreste wie Blut fehlen vollständig.

Proben des Tuches wurden in Labors in Zürich, Oxford (England) und Tucson (Arizona) unabhängig voneinander und mehrfach mit der so genannten C-14 Methode untersucht. Alle Resultate waren eindeutig. Das Tuch entstand demnach zwischen 1260 und 1390 nach Christus, was auch mit der Tatsache übereinstimmt, dass das Grabtuch vor dem 14. Jahrhundert nirgendwo erwähnt wurde.

Die Kirche erkennt das Turiner Grabtuch nicht als Reliquie an, sondern stuft es als Ikone (Heiligenbild) ein. Die Kirche hat also vorsichtig entschieden, denn die wissenschaftlichen Beweise, wonach es sich bei diesem Grabtuch um eine mittelalterliche Fälschung handelt, sind erdrückend. Alle bisher präsentierten "Beweise" für die Echtheit des Tuches haben sich bei genauer Betrachtung als Irrtum oder Legende herausgestellt. Dies wird auch weiterhin Autoren nicht daran hindern, erfundene "Bestätigungen" für die Echtheit des Grabtuches zu präsentieren. Mit solchen Geschichten kann man schließlich einen Haufen Geld verdienen.

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© 2000 Rudolf Öller, Bregenz

Anmerkungen:

Da immer wieder behauptet wird, die C-14-Messungen des Turiner Grabtuches enthielten gravierende Fehler, werden hier die Untersuchungen kurz zusammengefasst. (Damon et al 1989: "Radiocarbon dating of the Shroud of Turin", Nature 337, 611-615).

Die C-14-Untersuchungen fanden getrennt in Zürich, Tucson und Oxford statt:
Zürich (ETH-3883): 676 +/- 24 yr. BP
Tucson (AA-3367): 646 +/- 31 yr. BP
Oxford (BM-2575): 750 +/- 30 yr. BP
Mittelwert: 691 +/- 31 yr. BP
Kalenderalter des Tuches (68% Konfidenz) 1273-1288 oder
Kalenderalter des Tuches (95% Konfidenz) 1262-1312 oder 1353-1384

In einer der unzähligen erfundenen Behauptungen (ua. auch im Internet zu finden) heißt es: "Ein Brand im Jahre 1532, bei dem das Grabtuch - damals noch im südfranzösischen Chambery - nur mit Mühe gerettet wurde, verunreinigte den Stoff und beeinträchtigte die Werte. Inzwischen hat der russische Physiker Dimitri Kouznetsov im Labor mit einem ähnlichen antiken Stoff einen Brand simuliert und eine überraschende Entdeckung gemacht: Das Feuer „verjüngte" die Datierung um Jahrhunderte." Dieser und ähnliche Sätze sind nichts als erfundene Geschichten.

Die Proben wurden vor der Untersuchung nach verschiedenen Methoden peinlich genau gereinigt. Wären die Proben während der C-14-Messungen tatsächlich verschmutzt gewesen, dann hätten die Messresultate sehr weit streuen müssen. Tatsächlich liegen alle Messergebnisse einheitlich innerhalb einer erwarteten statistischen Streuung, die von den Forschungsinstituten korrekt angegeben wurden. Das Argument des verschmutzten Tuches ist also hinfällig.

Die Reinigungsverfahren der drei Arbeitsgruppen vor der C-14-Messung:

"All laboratories examined the textile samples microscopically to identify and remove any foreign material. The Oxford group cleaned the samples using a vacuum pipette, followed by cleaning in petroleum ether (40°C for 1 h) to remove lipids and candlewax, for example. Zurich precleaned the sample in an ultrasonic bath. After these initial cleaning procedures, each laboratory split the samples for further treatment.

The Arizona group split each sample into four subsamples. One pair of subsamples from each textile was treated with dilute HCl, dilute NaOH and again in acid, with rinsing in between (method a). The second pair of subsamples was treated with a commercial detergent (1.5% SDS), distilled water, 0.1% HCl and another detergent (1.5% triton X-100); they were then submitted to a Soxhlet extraction with ethanol for 60 min and washed with distilled water at 70° C in an ultrasonic bath (method b).

The Oxford group divided the precleaned sample into three. Each subsample was treated with 1m HCl (80°C for 2h), 1m NaOH (80°C for 2 h) and again in acid, with rinsing in between. Two of the three samples were then bleached in NaOCl (2.5% at pH-3 for 30 min).

The Zurich group first split each ultrasonically cleaned sample in half,... The first set of samples was further subdivided into three portions. One-third received no further treatment, one-third was submitted to a weak treatment with 0.5% HCl (room temperature), 0.25% NaOH (room temperature) and again in acid, with rinsing in between. The final third was given a strong treatment, using the same procedure except that hot (80° C) 5% HCl and 2.5% NaOH were used. ..."

Die Behauptung, das Tuch sei bei der C-14 Messung verschmutzt gewesen und hätte falsche Messwerte ergeben, ist somit frei erfunden. Wie aus den Protokollen ersichtlich ist, wurden die Proben unterschiedlich behandelt bzw. gereinigt. Trotzdem ergaben alle Messungen Werte innerhalb einer Größenordnung. Es besteht somit kein Grund, diese Resultate anzuzweifeln.

Es gibt auch Meldungen über gefundene Blutflecken, ja sogar über eine Blutgruppe AB. Tatsächlich wurden Eisen- und diverse Proteinreste gefunden, die auf Blut hindeuten könnten. Sollte es sich tatsächlich um Blut handeln, was nicht mehr eindeutig beweisbar ist, dann ist der Ursprung jedenfalls ungewiss. Es könnte auch Tierblut sein. Der Nachweis einer Blutgruppe ist übrigens nach 1000 oder mehr Jahren kaum mehr möglich. Somit entpuppt sich auch die Geschichte der Blutgruppe als frei erfunden.

Das Turiner Grabtuch ist eher ein Studienobjekt für Psychologen und Soziologen: Man kann anhand des Turiner Grabtuches die Entstehung und Ausbreitung einer parareligiösen Bewegung verfolgen. Für die Parawissenschaften und die Esoterik wird das Tuch auch in hundert Jahren noch ein Studienobjekt sein, wobei alle paar Jahre "neueste Erkenntnisse" auftauchen werden.