Welt der Naturwissenschaften und Politik
|
LOKALE ETHIK - GLOBALE WISSENSCHAFT |
Vor einigen Wochen war ein interessanter Bericht in österreichischen Medien zu lesen. Unterschiedliche Gesetzgebungen in den europäischen Ländern, so hieß es, verursachen einen regelrechten „Reproduktionsmedizin-Tourimus“. „Frauen gehen dahin, wo ihr Wunsch nach einem (Retorten-)Baby erfüllt werden kann“, so ein prominenter Bregenzer Arzt für Reproduktionsmedizin. Diese Meldung bedeutet nichts anderes, als dass Frauen mit unerfülltem Kinderwunsch aus Ländern mit einschränkender Gesetzgebung in Länder mit liberaler Gesetzgebung ausweichen. Als es noch keine Fristenlösung gab, fuhren Frauen, die abtreiben wollten, in benachbarte Staaten, in denen das möglich war. Künstliche Befruchtungen konnte man in Ländern, wie etwa in der Schweiz, durchführen lassen, als dies in Österreich weder üblich noch bekannt war. Wie viele Schweizer Kinder auf diese Weise in Österreich und Deutschland gezeugt wurden, weiß niemand. Vor einigen Jahren musste sich eine damals 25-jährige Belgierin einer Chemotherapie unterziehen. Ärzte hatten zuvor Lymphdrüsenkrebs diagnostiziert. Eine Chemotherapie kann bei jungen Patientinnen zur Unfruchtbarkeit führen, da bei ihnen nach der Behandlung die Menopause verfrüht einsetzt. Deshalb entnahmen Mediziner der Frau vor Beginn der Behandlung Gewebe aus den Eierstöcken und lagerten es tiefgekühlt. Vor zwei Jahren setzte ein Ärzteteam das Gewebe wieder ein. Elf Monate später soll die Frau auf natürlichem Wege schwanger geworden sein, berichtet das medizinische Fachmagazin "Lancet" in Ausgabe 364. Vor wenigen Monaten brachte die Frau ein gesundes Mädchen zur Welt. Dies bestärkt die Hoffnung auf Eierstocktransplantation bei unfruchtbaren Frauen. Machbare Medizin sprengt die Grenzen der Ethik. Die Stammzellenforschung, von der sich Genetiker und Mediziner einiges erwarten, hält Philosophen und Theologen insofern auf Trab als die genetisch mächtigen embryonalen Stammzellen aus jungen menschlichen Embryonen gewonnen werden. Während in einigen europäischen Ländern über diesbezügliche ethische Fragen diskutiert wird, werden embryonale menschliche Stammzellen an der Universität von Wisconsin, am Rambam Medical Center in Haifa oder an der Universität von Singapur längst in großen Mengen produziert. Was die Wissenschaft kann, wird durchgeführt, denn Wissenschaft ist globalisiert und somit grenzenlos geworden. Ethische Fragen beschränken sich auf lokale kulturelle und religiöse Gepflogenheiten. Wissenschaftliche Methoden werden daher dort angewendet, wo keine lokale Ethik sich den wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen entgegen stellt. |
Diabolus in scientia
|
© 2004 Rudolf Öller, Bregenz |
Helden der Wissenschaft: |
|
Rudolf Oeller:Typhon DistrictThriller über eine Gruppe von Wissenschaftlern, die Gott gründlich ins Handwerk pfuscht und dabei zugrunde geht.
|