Es ist bei Gericht üblich, Gutachten einzuholen, vor allem wenn es um medizinische, psychiatrische und technische Fragen geht. Juristen sollten sich aber nicht zu sehr auf Gutachten verlassen. In manchen Fällen wäre es hilfreich, selbst einen naturwissenschaftlich-technischen Bildungsunterbau zu haben.
Der Europäische Gerichtshof in Straßburg hat Ende Juli aus politisch überkorrekten Gründen einen Schaden angerichtet. In offenbar vorauseilendem Gehorsam wurde von naiven Richtern eine einfache und harmlose gentechnische Methode ohne Not juristisch so streng reglementiert, dass sich die Genetiker in Europa entweder vor Ärger auf die Lippen bissen oder den Herbert Grönemeyer-Song anstimmten, in dem der Satz vorkommt "… wir werden in Grund und Boden gelacht …". In internationalen Fachzeitschriften hagelt es inzwischen Hohn und Spott. Freuen dürfen sich die Konkurrenz-Genetiker in den USA, in Israel und in China. Freuen darf sich auch eine Koalition aus Ideologen, diversen Öko-Fundamentalisten, und obskuren Blut und Boden-Folkloristen, die allesamt von Genetik keine Ahnung haben.
Bei der klassischen Pflanzenzüchtung, die es seit der Jungsteinzeit gibt, arbeiteten die Bauern mit Sorten, die in der Natur entstanden sind. Diese natürlichen Mutanten und die spätere Anwendung der Mendelschen Erbgesetze lieferten die Erfolge moderner Züchtungstechnik. 1927 entdeckte der amerikanische Genetiker Hermann Joseph Muller spontane genetische Mutationen durch Röntgenbestrahlung. Für diese Entdeckung erhielt er 1946 den Nobelpreis. Diese grobe Technik brachte neue Mutanten, was die Erträge von Nutzvieh und Getreidepflanzen nochmals steigerte. Trotz der Erfolge hatte diese Methode verschiedene Nachteile, denn die Erzeugung von Mutationen verlief ungerichtet und zufällig. Zudem waren fast alle Mutationen "rezessiv", was zeitraubende Zwischengenerationen beim Züchten erforderlich machte. Außerdem entstanden so genannte "Subletalmutationen", was dazu führte, dass es die Genetiker immer wieder mit biologischem Schrott zu tun bekamen. Trotzdem wurde verwertbares Genmaterial erzeugt, manche Mutanten fanden übrigens auch im Ökolandbau Verwendung.
Die neuen gentechnischen Methoden, wie etwa CRISPR oder TALEN sind nichts anderes als sanfte Methoden, arteigene Gene zielgerichtet einzubauen. Die alte Technik war im Gegensatz zur neuen hart und fehlerbehaftet. Mit den heute verfügbaren Arbeitsweisen der DNA-Sequenzierung kann zudem geprüft werden, ob es sogenannte "off target"-Effekte (unerwünschte Mutationen) gibt. Die EU-Richter haben mit ihrem Einschränkungsurteil der Forschung in Europa einen Bärendienst erwiesen.