Blutübertragungen, die im 19. Jahrhundert durchgeführt wurden, endeten in der Hälfte der Fälle tödlich. Viele Länder verboten daraufhin die Blutübertragung bei Menschen.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts beschäftigte sich der an der Wiener Universitätsklinik arbeitende Arzt Dr. Karl Landsteiner mit der Frage, warum nicht alle Blutübertragungen tödlich verlaufen. Er entnahm sich selbst und einigen Mitarbeitern Blut und trennte die roten Blutkörperchen vom Serum. Dann mischte er die Proben und stellte fest, dass eine Mischung seines eigenen Serums mit den roten Blutkörperchen seines Kollegen Dr. Störk unproblematisch war. Mischte er aber sein Serum mit den Blutkörperchen der Kollegen Dr. Pletschnig, Dr. Sturli, Dr. Erdheim und dem Haumeister des Instituts, dann bildeten sich Klumpen, die mit freiem Auge zu erkennen waren. Landsteiner erkannte in den Klumpen die Ursache dafür, dass manche Blutübertragungen tödlich endeten.
Als Arzt an der Universität Wien hatte Dr. Landsteiner zu vielen Patienten Zugang. Er besorgte sich Blutproben und mischte die gewonnen Seren systematisch mit den extrahierten Blutkörperchen. Er konnte drei Blutgruppen identifizieren: A, B und C. Die Bezeichnung C wurde später in Null umbenannt, weil Null im Gegensatz zu A und B keine so genannten Antigene auf den roten Blutkörperchen besitzt. Zudem wurde die Mischgruppe AB entdeckt. Blutgruppen werden, wie sich später herausstellte, nach den Mendelregeln vererbt. Ihre Existenz hat keinen biologischen Sinn, es handelt sich um eine zufällige Laune der Natur.
Landsteiner wanderte später nach New York aus. Im antisemitisch geprägten Wien hätte der aus einer jüdischen Familie stammende Arzt keine Zukunft gehabt. Im seinem Labor im Rockefeller Institute for Medical Research der Rockefeller University entdeckte Landsteiner später den Rhesusfaktor, ein Blutgruppensystem, das unabhängig vom AB0-System vererbt wird. Landsteiner bekam für seine Entdeckungen 1930 den Nobelpreis für Medizin, denn seither kann Blut gefahrlos übertragen werden.
Karl Landsteiner wurde am 14. Juni 1868 geboren. Mediziner und Biologen feiern in diesem Jahr die 150. Wiederkehr des Geburtstages eines Mannes, der durch seine Entdeckungen half, Millionen Menschen das Leben zu retten, obwohl nur rund 2,5 Prozent der Bevölkerung regelmäßig Blut spenden. Fünf Jahre vor Einführung des Euro in Österreich erschien noch ein 1000 Schilling-Schein mit Landsteiners Bild. Sollten Sie, verehrte Leser, oder einer ihrer Angehörigen jemals eine Bluttransfusion bekommen haben, dann halten Sie bitte am kommenden Donnerstag eine Gedenkminute für den großen österreichischen Arzt Dr. Landsteiner.