Sie wollten immer schon einmal ein Buch über die Verwandtschaftsbeziehungen von Menschen mit anderen Wirbeltieren lesen, sind aber vor Fachausdrücken und Diagrammen zurückgeschreckt? In diesem Fall bietet der amerikanische Biologe und Buchautor Neil Shubin Abhilfe. Sein Buch "Der Fisch in uns" – Untertitel: "Eine Reise durch die 3,5 Milliarden Jahre Geschichte unseres Körpers" – ist eine Offenbarung. Das Taschenbuch ist leicht zu lesen, über weite Strecken sind die Berichte sogar spannend. Der Autor und Evolutionsbiologe verzichtet außerdem auf unnötige Seitenhiebe gegen Religionen.
Das Buch beginnt mit einem Bericht über die Entdeckung der Übergangsform von Fischen zu Lurchen. Biologen wissen schon lange, dass Fische in der Zeit des Devons (vor rund 400 Millionen Jahren) das Wasser verlassen und an Land neue Nahrungsquellen erschlossen haben. Während der Landeroberung müssen von der Natur rasch Tiere ausselektiert worden sein, die sich am Land gut fortbewegen konnten. Ein Forscherteam, dem Shubin angehörte, suchte also nach Flussablagerungen, die vor 400 Millionen Jahren am Äquator lagen. Sie fanden auf den arktischen Inseln im hohen Norden Kanadas die gesuchten frei liegenden Meeres- und Süßwasserablagerungen. Die noch unerforschten Schichten waren noch älter als die gut untersuchten Devonsedimente in Grönland. Das Gestein, für das sich die Paläontologen und Geologen interessierten, lag in einem rund 1.500 km breiten Gebiet. Die Tiere, nach denen sie suchten, sollten ungefähr einen Meter groß sein. Es war eine Suche nach der Nadel im Heuhaufen.
Die Hartnäckigkeit wurde belohnt. Die Forschergruppe fand nach langem Suchen "Tiktaalik", eine Übergangsform vom Fisch zum Lurch, eine der sensationellsten Entdeckungen des letzten Jahrhunderts. In keinem naturwissenschaftlichen Museum der Welt fehlt heute ein Hinweis auf dieses Tier.
Neil Shubin belässt es nicht bei dieser Episode. Er geht auch der Frage nach, wie aus einer Fischflosse unsere Hand entstand. Dabei spielt ein Gen namens "Sonic hedgehog" eine Rolle. Dieses Gen, dessen Name humorvollen Genetikern eingefallen ist, kommt sowohl beim Fisch als auch beim Menschen vor und steuert die Entstehung von Flossen und Händen. Dieses Gen wurde seit fünfhundert Millionen Jahren nur wenig verändert.
Shubin berichtet nicht nur über Flossen und Hände. Er vergleicht die Embryonalentwicklung von Fischen, Lurchen, Kriechtieren, Vögeln und Säugetieren. Das Buch ist so geschrieben, dass auch Leser ohne biologische Vorkenntnisse den thematischen Faden nicht verlieren können. Es ist ein Geschenktipp für naturwissenschaftlich interessierte Leser. Neil Shubin: "Der Fisch in uns", Fischer Taschenbuch.