Homöopathie ist nicht, wie viele Gläubige vermuten, eine naturnahe Heilmethode. Die klassische Homöopathie geht auf den Arzt Samuel Hahnemann (1755 – 1843) zurück, der richtig erkannte, dass Medikamente nicht nur heilen, sondern auch in Form von Nebenwirkungen Unheil anrichten können. Hahnemann entwickelte das „Ähnlichkeitsprinzip“. Ähnliches kann angeblich durch Ähnliches geheilt werden.
Zu Beginn von Hahnemanns systematischen Versuchen kam es bei Patienten zu schweren Vergiftungserscheinungen. Hahnemann suchte nach Lösungen und kam dabei auf das „Potenzierungsverfahren“. Es handelt sich um nichts anderes als um fortlaufende Verdünnungen. Die Verdünnung D1 entspricht einem Verhältnis von 1:10, D2 entspricht 1:100 usw. Auch der Schüttelprozess bei jeder Verdünnung soll eine Rolle spielen und die Wirkung des Medikaments in der Urtinktur erhöhen. Hahnemann sprach in diesem Zusammenhang von „Dynamisierung“. Als andere Ärzte Hahnemann darauf aufmerksam machten, dass eine Verdünnung von D26 der Auflösung eines Tropfens in allen Weltmeeren entspricht, störte ihn das nicht. Es geht ja um die „Dynamisierung“. Nach dieser Methode müsste ein Glas mehrfach verdünnten Alkohols einen Vollrausch bewirken, was natürlich nicht der Fall ist. Auch müsste verdünntes Aspirin gleich mehrere Wochen vor Kopfschmerzen bewahren.
Hier soll es aber nicht um die Homöopathie gehen, sondern um deren Grundlage, das „Wassergedächtnis“. Dieses vermeintliche Gedächtnis des Wassers gibt es nämlich nicht. Das „Wassergedächtnis“ ist ein in der Esoterik häufige anzutreffender Denkfehler. Die (falsche) Hypothese besagt, dass Wasser nach dem Kontakt mit bestimmten Substanzen neue Eigenschaft bekäme, die auch nach Entfernen der Substanz bestehen bleiben. Träger dieser Eigenschaftsänderungen sollen „Wasserstoffbrücken“ sein, die „Cluster“ bilden. Diese Cluster gibt es tatsächlich, aber ihre Lebensdauer beträgt maximal eine zehn milliardstel Sekunde. Trotzdem wird das Wassergedächtnis auch heute noch als Erklärungsmodell für Homöopathie herangezogen. Es ist auch eine Standardbehauptung in der Werbung für Produkte zur Wasserbelebung.
Das Internet ist voll von Wassermärchen. So hat etwa ein gewisser Dr. Masaru Emoto, um nur einen von tausenden Namen zu nennen, mit seinen Forschungen das Wassergedächtnis angeblich bewiesen und im Bereich der Wasserenergetisierung Phantasiereiches hervorgebracht: „Durch ihn wurde die Macht der Gedanken auf das Wasser bestätigt, und er hat auch den Rest der Wissenschaft ein wenig die Augen geöffnet.“ Der Glaube kann nicht nur Berge versetzen, sondern auch Wasser denken lassen. Eine Welt voller Wunder!