Jahreswechsel, Geburtstage, Todestage – sie alle erinnern uns daran, dass die Zeit verrinnt. Die Uhren ticken uns vor, dass die Zeit immer gleich schnell vergeht, aber wir empfinden das anders. Bis zum 30. Lebensjahr geht die Zeit im Schritt, bis zum 60. Jahr im Trab, dann aber geht es im Galopp weiter bis wir uns irgendwann durch die Hintertüre verabschieden. Die Zeit ist nicht nur in der Einbildung relativ. Sie ist es tatsächlich.
Wir halten Wissen dann für wahr oder brauchbar, wenn es neu ist. Altes Wissen bezeichnen wir nicht selten als „veraltet“, doch das stimmt nur im Bereich der Ideologien und Pseudowissenschaften, wo jedes Jahr eine andere Sau durch das Dorf gejagt wird. In den Naturwissenschaften werden nur äußerst selten alte Theorien durch neue ersetzt. In der Regel werden Theorien erweitert. So war es auch mit Einsteins allgemeiner und spezieller Relativitätstheorie. Albert Einstein las das Buch „Der Dialog“ von Galileo Galilei. Dieses Buch hatte im Jahr 1633 zum Prozess der römischen Inquisition gegen Galilei geführt. Es war im vorgeworfen worden, die Bewegung der Erde um die Sonne als bewiesene Theorie angepriesen zu haben. Der Inquisition ging es weniger um die Wissenschaft, sondern eher darum, dem Papst während des dreißigjährigen Krieges den Rücken frei zu halten. Wissenschaftler störten nur die Machtspiele in der Kirche.
In seinem fast vierhundert Jahre alten Werk beschrieb Galileo Galilei das Relativitätsprinzip, das einfach zu verstehen ist. Fährt ein Zug mit 100 km/h durch einen Bahnhof durch, so bewegt sich eine mit 3 km/h innerhalb des Zugs in Fahrtrichtung gehende Person von außen gesehen mit 103 km/h. Zählt man die Erdrotation dazu, so ergeben sich wieder andere Geschwindigkeiten. Einstein war von Galileis Erklärung so fasziniert, dass er darüber nachzudenken begann, was wohl geschähe, wenn man auf einem Lichtstrahl reitet. Einstein erweiterte Galileis Theorie und verwendete dazu die zu seiner Zeit neuen Gleichungen des Schotten James Clerk Maxwell über elektromagnetische Wellen, zu denen auch das Licht gehört. Einstein kam zur heute unbestrittenen Erkenntnis, dass die Zeit relativ ist. Sie ist nicht einmal ewig, weil sie vor der Entstehung des Universums gar nicht existiert hat. Dass die Zeit immer gleichmäßig vergeht, ist nur das Trugbild unseres kleinen Gehirns. Nur Genies wie Einstein können diese Grenzen der Erkenntnis durchbrechen.
Wenige Monate vor seinem eigenen Tod erfuhr Albert Einstein vom Ableben von Michele Besso, eines seiner wenigen echten Freunde. Er schrieb dazu: „Der Tod ist nichts. Für uns gläubige Physiker ist die Unterscheidung zwischen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur eine Illusion, wenn auch eine hartnäckige.“