Es ist erstaunlich, wie stark die Tendenz zum Verbieten und Regulieren geworden ist. Die einen wollen das Rauchen verbieten, andere schaffen die klassische Glühbirne ab, wieder andere wollen uns eine gendergerechte Sprache vorschreiben und regen sich bei gewissen Bundeshymnen-Debatten furchtbar auf. Man dürfe die Frauen nicht unsichtbar machen, heißt es, obwohl uns täglich aus Zeitschriften mehr oder weniger spärlich bekleidete weibliche Wesen anlächeln. Die Gesellschaft ist geschwätzig, verkrampft und spießig geworden, keine Frage.
Einem Bereich ist es aber gelungen, frei von Kontrolle zu bleiben. Es ist die Esoterik. Naturwissenschaftlich interessierten Besuchern von großen Buchhandlungen, wie etwa Hugendubel in München, fällt die zahlenmäßige Differenz zwischen den Biologie-, Physik-, Astronomie- und Mathematikbüchern einerseits und den esoterischen Werken andererseits auf. Esoterik beginnt bei parapsychologischen Lebenshilfen und endet bei „Astralkörpern“. Der esoterische Büchermarkt ist deutlich größer als der naturwissenschaftliche. Die Umsätze liegen im Milliardenbereich, die Qualität liegt auf der Ebene von Dreigroschenromanen.
Das wissen die esoterischen Autoren, daher beginnen sie Diskussionen und Vorträge mit den gleichen Floskeln: „Schon Shakespeare schrieb, dass es mehr Dinge zwischen Himmel und Erde gibt …“. Das ist aus dem Zusammenhang gerissen, aber es klingt gut. Weiter geht das Geschwurble: „Es gibt auch unter den spirituellen Anbietern Betrüger. Manche sind nur aufs Geld aus und bringen damit die wirklich guten Heiler und Berater in Verruf.“ Beliebt ist auch der Verweis auf ehemalige Ketzer: „Galileo Galilei, der die Sonne im Mittelpunkt annahm, hat man auch nicht geglaubt“, was zwar nicht ganz stimmt, aber wer will das schon wissen! Die Lieblingsohrwürmer der Esoteriker sind diejenigen, die alle gerne hören wollen, wie etwa „Jedes Kind ist von Natur aus hochbegabt“ oder auch „Sie haben Ihr Leben in der Hand, man hindert sie lediglich daran, ihr Potential zu entfalten.“
Die in der Werbung arbeitende Psychologin Eva Bernauer war an Krebs erkrankt. Nach ihren eigenen Angaben „prasselten plötzlich von allen Seiten gut gemeinte Ratschläge auf sie ein, die oft auf völlig abstrusen Vorstellungen beruhten.“ Sie begann sich daraufhin mit Lichtheilung, der „Neuen Germanischen Medizin“ und anderen esoterischen Hirngespinsten auseinander zu setzen. Ihre Recherchen führten zum ersten „satirischen Esothriller“. Eva Bernauer: „Vier Frauen und ein Scharlatan“ (Verlag Alibri). Das Buch ist eine lesenswerte und tragikomische Geschichte über die grenzenlose Leichtgläubigkeit der Menschen und die Auswüchse des Esoterikmarktes.