Nachdem in Berlin die Masern ausgebrochen waren, stellte sich rasch heraus, dass es auch anderswo Epidemien gegeben hat. Der Rückgang der Impfungen hat zu einem Ausbruch der Krankheit an verschiedenen Stellen in Europa geführt. Die TV-Sender schalteten schnell und organisierten öffentliche Diskussionen. Selbstverständlich war man dabei bemüht, „ausgewogene“ Runden zusammenzustellen. Es waren besorgte Eltern, Biologen, Pharmazeuten und Impfgegner vertreten. Es wäre einmal interessant, einer Diskussion über die Form der Erde zu lauschen. Den Verantwortlichen würde es sicher gelingen, einen Flacherdebefürworter als gleichwertigen Gesprächspartner aufzutreiben.
Die Diskussionen der letzten Wochen über das Impfen waren langweilig. Einmal allerdings, es war eine Diskussion auf Servus TV, kam ein Weckruf für Biologen. Ein Arzt, der sich vehement für Homöopathie und gegen das Impfen aussprach, meinte sinngemäß, die Existenz von Viren sei gar nicht bewiesen. Es handle sich um nichts anderes als eine Illusion.
Zufällig habe ich als junger Biologe Viren mit Hilfe eines Elektronenmikroskops nicht nur gesehen und fotografiert, sondern auch das Genom von Viren analysiert. Mein Lieblingsvirus war der „Lambda-Phage“. Selbstverständlich gibt es heute keinen Zweifel, dass Viren tatsächlich existieren und dass manche von ihnen harmlos, einige aber lebensbedrohlich sind. Ignoranten, die die Existenz von Viren leugnen, glauben vermutlich auch an eine Flacherde, an den Wolpertinger und den Osterhasen.
Nun gab es für einen Virenschamanen eine öffentliche Ohrfeige. Dr. Stefan Lanka, der schon mehrmals durch komische Behauptungen aufgefallen war, hatte 100.000 Euro für den Beweis des Masernvirus ausgelobt. Der Arzt David Bardens legte daraufhin mehrere wissenschaftliche Arbeiten vor, welche die Existenz des Masernvirus belegen. Da die Auszahlung des Preisgeldes mehrfach verweigert wurde, ging Bardens vor Gericht und gewann. Der „Masernprozess“ hat in Deutschland hohe Wellen geschlagen, die österreichischen Medien haben den Fall großteils nicht bemerkt. Der Virenleugner und Impfgegner Stefan Lanka muss nun das Preisgeld in Höhe von 100.000 Euro an David Bardens zahlen. Lanka hat Berufung eingelegt, wird damit aber nicht durchkommen, denn die Beweise für die Existenz von Viren im Allgemeinen und die Masernviren im Besonderen müssen längst nicht mehr diskutiert werden.
Der ehemalige Direktor des Instituts für Immunologie der Universität Bern, Univ.-Prof. Dr. Beda Stadler war erfreut und erklärte gegenüber einem deutschen Pressedienst: "Das wäre doch was, wenn die Verschwörungstheoretiker und andere Missionare ebenso vor Gericht gezogen werden könnten."