Ernest Rutherford wuchs in Neuseeland als Kind einer schottischen Einwandererfamilie auf. Die Eltern waren tatkräftige Menschen, die den Kindern trotz des harten Lebens eine höhere Bildung ermöglichten. Rutherford las schon als Zehnjähriger ein Buch über Physik und war begeistert. Er absolvierte in Neuseeland ein College und bewarb sich um ein englisches Stipendium, das Jugendlichen aus den Commonwealth-Staaten vorbehalten war. Nachdem er das Stipendium erhalten hatte, sagte er auf dem Feld zu seinem Vater: „Das ist jetzt die letzte Kartoffel, die ich ausgegraben habe.“ Rutherford traf an der Universität Cambridge ein, als gerade die Röntgenstrahlen entdeckt wurden. Schon kurz darauf sprach sich Rutherfords experimentelle Begabung herum. Ein Student schrieb damals an seine Eltern: „Wir haben hier ein Kaninchen von den Antipoden bekommen, und das gräbt mächtig tief.“
In einer langwierigen Arbeit bewies Rutherford, dass Uran zwei Arten von Strahlen aussendet, die er Alpha- und Betastrahlen nannte. Die Alphastrahlen stellten sich später als Heliumkerne heraus, die Betastrahlen sind Elektronen. Die Natur der Gammastrahlen, die wie Röntgenstrahlen Körper durchdringen können, wurde erst Jahre später entdeckt. Nach einer mehrjährigen Zwischenstation an der Universität Montreal, wo er neue Erkenntnisse über Radioaktivität gewann, die 1908 den Nobelpreis einbrachten, kehrte Rutherford nach England an die renommierte Universität Manchester zurück.
Gegen Ende des 1. Jahrzehnts des 20. Jahrhunderts waren sich die Physiker und Chemiker darüber einig, dass es Atome tatsächlich gibt. Rutherford beschloss, die damaligen Atommodelle zu überprüfen. Sein Kollege J. J. Thomson vermutete, dass das Atom aus einer positiv geladenen Masse mit eingebetteten negativ geladenen Elektronen besteht, was als „Plumpudding-„ oder „Rosinenkuchenmodell“ bezeichnet wurde. Rutherford organisierte eine winzige Menge Radium, die aus dem – damals österreichischen – St. Joachimsthal stammte. Mit den energiereichen Alphastrahlen des Radiums wurde eine dünne Goldfolie beschossen. Während vieler Stunden beobachteten Rutherford und sein Assistent Hans Geiger in abgedunkelten Räumen die erwarteten schwachen Streuungen. Als sie ihr Beobachtungsmikroskop zufällig einmal zur Seite bewegten, sahen sie zu ihrer großen Verblüffung einige wenige Alphateilchen, die seitlich und sogar in die Gegenrichtung wegflogen. Rutherford ging der Sache auf den Grund und präsentierte kurz darauf ein neues Atommodell. Ursache der Streuung ist ein winziger harter Atomkern, der von einer Elektronenhülle umgeben ist. Diese Entdeckung markierte den Start der modernen Atomphysik.