Nach dem Erdbeben und dem Tsunami vom März dieses Jahres kam es in einigen japanischen Kernreaktoren zu einem „Super-GAU“. Das Wort an sich ist überzogen, weil die Abkürzung GAU bereits „größter anzunehmender Unfall“ bedeutet. Bei einem GAU wird ein Atomreaktor unkontrollierbar, Radioaktivität tritt aus und verseucht die Umwelt.
Ein Atomreaktor ist im Prinzip ein großer Dampfkessel aus Stahl, durch den Wasser strömt. Er hat die Form eines Zylinders, hat je nach Bauweise mehrere Meter an Höhe und Durchmesser und enthält ein paar tausend Brennstäbe. Das sind lange hohle Stangen aus Edelstahl, die nicht dicker sind als ein Kugelschreiber. Darinnen befindet sich das spaltbare Material, in der Regel chemische Verbindungen, die Uran oder Plutonium enthalten. Neutronen, das sind elektrisch neutrale Kernteilchen, fliegen durch den Reaktor und spalten die Uran- und Plutoniumkerne, wobei Energie in Form von Wärme frei wird. Zwischen den Brennstäben stecken die Regelstäbe. Sie bestehen aus Materialien, die Neutronen aufsaugen, etwa Cadmium. Schiebt man die Regelstäbe in den Reaktorkern, wird er abgeschaltet, zieht man sie heraus, beginnt die Kettenreaktion erneut, die Atomkerne werden gespalten, der Reaktor wird heiß, es entsteht Wasserdampf und dieser wird auf eine Dampfturbine geleitet.
Die Sache, die so einfach klingt, hat gleich mehrere Haken. Erstens muss das Brennmaterial so gewählt werden, dass bei der Kernspaltung kein Element entsteht, das Neutronen schluckt. In diesem Fall könnte sich der Reaktor nämlich selbst unkontrolliert aus- und danach eventuell spontan wieder anschalten. Zweitens enthält ein Kernreaktor nach dem Einfahren der Regelstäbe immer noch viele Megawatt an Wärmeleistung, wodurch er bis zum „cold shutdown“ gekühlt werden muss und drittens entsteht durch die herumfliegenden Neutronen eine Unzahl an radioaktiven Substanzen, die tausende Jahre sicher gelagert werden müssen.
Während des Erdbebens in Japan wurden im Atomkraftwerk Fukushima die Brennstäbe so beschädigt, dass die Regelstäbe nicht mehr eingefahren werden konnten. In der Folge schmolzen mindestens drei Reaktorkerne, durchlöcherten die Reaktorhüllen, brennen seither unkontrolliert weiter und verseuchen die Umgebung. Die Meldung, wonach in einem Reaktor eine Äquivalenzdosis von viertausend Millisievert pro Stunde gemessen wurde, ist furchtbar, denn vier Sievert (4 Sv) bilden die für Menschen tödliche Strahlendosis. Diese von der Öffentlichkeit kaum noch wahrgenommene Meldung bedeutet, dass bei mindestens drei Reaktoren jegliche Kontrolle abhandengekommen ist. Im Pazifik bahnt sich eine ökologische Katastrophe biblischen Ausmaßes an.