Als die französische Revolution losbrach, jubelte nicht nur das
einfache Volk. Auch die wohlhabenden und gebildeten Bürger waren
mit dem neuen Staat einverstanden. Sie unterstützen diesen zu Beginn
sogar. Einer von ihnen war Antoine Laurent de Lavoisier (1743-1794).
Lavoisier war ein Kind des Zeitalters der Aufklärung. Er besuchte
die Eliteschule Collège Mazarin, wo er auf Wunsch des Vaters
Rechtswissenschaften studierte. In Wahrheit interessierten ihn aber
nur die Naturwissenschaften. Er beschäftigte sich mit Chemie und
veröffentlichte schon früh wissenschaftliche Arbeiten. Bereits
im Alter von fünfundzwanzig Jahren wurde er in die französische
Akademie der Wissenschaften aufgenommen. 1771 heiratete er die erst
dreizehnjährige Marie-Anne Pierette Paulze, die Tochter seines
Vorgesetzten. Mit Hilfe ihres Gatten eignete sich die junge Frau umfangreiche
Kenntnisse in Chemie an. Später illustrierte sie seine Bücher
und wurde zu einer begeisterten und unentbehrlichen Assistentin.
Aufgrund seiner juristischen und mathematischen Kenntnisse verdiente
Antoine Lavoisier sein Geld als Bankier und Steuerpächter, denn
in Frankreich war das Eintreiben von Steuern ein teilprivatisiertes
Gewerbe. In der Freizeit widmeten sich Antoine und seine wissbegierige
Frau Marie-Anne der Chemie. Nach einem Hinweis des englischen Chemikers
Joseph Priestley, dass beim Erhitzen von Quecksilberoxid ein neurtiges
Gas frei wird, begann Lavoisier systematische Untersuchungen mit heißen
Feststoffen und Flüssigkeiten. Er ließ für sein Labor
überaus genaue Messgeräte bauen, sodass er Mengen von wenigen
tausendstel Gramm nachweisen konnte. Das war für die damalige Zeit
beispiellos.
1771 legte Lavoisier der Akademie der Wissenschaften die Protokolle
von Versuchsserien vor, die zeigten, dass es beim Rosten von Metallen
und bei Verbrennungen zu einer Gewichtszunahme der Rost- und Verbrennungsprodukte
kam. Er machte einen Teil der Luft (den Sauerstoff) dafür verantwortlich,
was sich später als richtig herausstellen sollte. Lavoisier zerlegte
auch Wasser durch „Thermolyse“ in die Gase Wasserstoff und
Sauerstoff und ließ diese beiden Gase chemisch wieder zu Wasser
reagieren. Damit bewies er erstmals das Naturgesetz von der Erhaltung
der Masse, eine der wichtigsten Grundlagen der Naturwissenschaften.
Der Jakobinermob machte 1794 nicht bloß kurzen, sondern kürzesten
Prozess mit den ehemaligen Steuerpächtern. Lavoisier, der größte
Chemiker des 18. Jahrhunderts, endete - wie André Chénier
in der Oper - auf der Guillotine. „Der Staat braucht keine Naturwissenschaftler“
hatte einer der blutgierigen „Richter“ trotz aller Bedenken
angemerkt.