Der Neuseeländer Ernest Rutherford war bereits Nobelpreisträger 
          für Chemie, als er eine Entdeckung machte, die zu den sensationellsten 
          der Wissenschaftsgeschichte zählt. Rutherford hatte eine hauchdünne 
          Goldfolie in einem kleinen Kasten mit Alfastrahlen beschossen. Alfastrahlen 
          sind radioaktive Strahlen, die von schweren Atomkernen, wie etwa Radium 
          oder Uran, ausgesendet werden. Die schweren Atomkerne werden dadurch 
          leichter und verwandeln sich in ein anderes Element. Die meisten Alfastrahlen 
          schossen durch die Goldfolie glatt hindurch, einige wurden schwach abgelenkt, 
          ganz wenige zurückgeworfen. Nach einer eingehenden Analyse der 
          Messergebnisse war sich Rutherford sicher. Das harte Ding, an dem die 
          Alfastrahlen abprallten, musste winzig klein sein. Rutherford erkannte, 
          dass ein Atom großteils aus leerem Raum besteht und einen kleinen 
          massiven Teil enthält, er nannte das den „Atomkern. Diese 
          entscheidende Entdeckung gelang vor hundert Jahren, im Dezember 1910. 
          Noch Jahre später wurde das Rutherford-Experiment in anderen Labors 
          erfolgreich wiederholt.
        Es mag ein Zufall sein, aber der Monat Dezember scheint eine besondere 
          Zeit für die Atomphysik zu sein, denn am 22. Dezember 1938 entdeckten 
          der deutsche Chemiker Otto Hahn und die österreichische Physikerin 
          Lise Meitner in Berlin die Spaltung des Uranatomkerns. Meitner war Jüdin 
          und hatte nach Stockholm fliehen müssen, aber die Versuchsserie 
          war von ihr und Hahn gemeinsam geplant worden, daher gilt sie als Mitentdeckerin. 
          Da nur wenige Atomkerne über den Zeitraum einer Nacht gespalten 
          worden waren, war nur etwas Wärme entstanden, sonst nichts.
          
          Nachdem sich US-Präsident Roosevelt entschlossen hatte, den Bau 
          der Atombombe zu finanzieren, wurde der in die USA geflohene italienische 
          Physiker Enrico Fermi beauftragt, einen Reaktor zu bauen, um eine atomare 
          Kettenreaktion zu erzeugen. Der Reaktor wurde unter dem Sportstadion 
          der Universität Chikago errichtet, und am 2. Dezember 1942 um 3 
          Uhr nachmittags wurde die mit sehr bescheidenen Sicherheitsvorrichtungen 
          ausgestattete atomare Anlage in Betrieb genommen. Der Nachweis einer 
          Kettenreaktion gelang, im Falle einer Panne wären allerdings Teile 
          von Chicago vorweihnachtlich verstrahlt worden. 
        Es bleibt noch zu erwähnen, dass die erste Publikation des „Wirkungsquantums“ 
          durch den deutschen Physiker Max Planck im Dezember 1901 erfolgte. Diese 
          Entdeckung war der entscheidende Startschuss für die Quanten- und 
          Atomphysik. Wissenschaftshistoriker sehen also beim Blick auf den Adventkranz 
          vor ihrem geistigen Auge gelegentlich Lichtquanten, Atomkerne und Kettenreaktionen.