Die Oberflächlichkeit, mit der Statistiken manchmal gedeutet werden,
sei an einem einfachen Beispiel erklärt. Bei einem Wettbewerb treten
drei Mannschaften mit je drei Schützen an. Mannschaft Alfa schießt
900+710+559 Ringe, das ergibt 2169 Ringe. Mannschaft Beta erzielt 1020+710+430
Ringe, das macht in Summe 2160 Ringe. Mannschaft Gamma schließlich
erreicht mit 851+710+590 insgesamt 2151 Ringe. Aus der Mannschaft Beta
ertönt daraufhin ein Wehklagen, denn Mannschaft Alfa hat pro Schütze
723 Ringe erreicht, Mannschaft Gamma 717 und die eigene Mannschaft Beta
sei mit durchschnittlich 720 Ringen eben nur Mittelmaß, obwohl
man große Geldmittel für das Training aufgewendet hat.
Niemand machte sich die Mühe, genauer hinzusehen, denn die jammernde
Mannschaft Beta hat zwar ein durchschnittliches Ergebnis erbracht, sie
hat aber den mit Abstand besten Schützen mit 1012 Ringen, leider
auch am anderen Ende einen Totalversager mit 430 Ringen. Dieser allein
trägt die Hauptschuld am „nur“ durchschnittlichen Gesamtergebnis.
Dieses Beispiel zeigt modellhaft den Stand der konfusen Diskussion
um die vergleichenden Schülerstudien PISA (allgemeine Kenntnisse
bei Fünfzehnjährigen), TIMSS (mathematische Fähigkeiten
bei Volksschülern) und PIRLS (sprachliche Fähigkeiten bei
Volksschülern). Während bei PISA nur eine Aufschlüsselung
nach der Größe der Städte erfolgte, sind bei TIMSS und
PIRLS die Ergebnisse der Schulen bekannt. Das Interessanteste an den
österreichischen Ergebnissen sind die laut Analysen „dramatischen
Unterschiede“ der Volksschulen. In der Statistik spricht man hier
von einer großen Streuung. Es gibt also Volksschulen in Österreich,
die hervorragende Ergebnisse erzielen und die Steuermittel in vorbildlicher
Weise verwenden. Sie entsprechen unserem oben genannten Schützen
mit 1020 Ringen. Am anderen Ende gibt es Versager, die unsere Steuergelder
verpulvern. Die wichtigsten Fragen, die man hier stellen muss, lauten:
„Welche Schulen sind die besten, warum sind sie die besten, und
wie kann man die schlechtesten nach oben bringen?“
Diese Fragen wurden bisher nur von der Nationalratsabgeordneten Franz
gestellt. Antworten erfolgten keine. Dies kann nur zwei Gründe
haben. Entweder haben unsere Bildungspolitiker und „-experten“
wenig Ahnung von Statistik, oder die beim Institut „bifie“
unter Verschluss gehaltenen Detailergebnisse enthalten regionale Peinlichkeiten,
die der Öffentlichkeit unbedingt vorenthalten werden müssen.
In wenigen Tagen wird die neueste PISA-Studie veröffentlicht. Jede
Präsentation nichts sagender Durchschnittsergebnisse wäre
dummes Zeug. Regionale Aufschlüsselungen sind gefragt!