Jeder weiß, was gemeint ist, wenn vom „Mendeln“ die
Rede ist. Da „mendelt“ etwas durch die Generationen, bei
den Habsburgern waren es beispielsweise die markante Nase und andere
auffallende Merkmale. Alle Lebewesen geben ihre Gene nach den Regeln
an die nächsten Generationen weiter, die der Mönch Gregor
Mendel vor fast 150 Jahren entdeckt hatte. Züchter machen es sich
seit mindestens zwanzigtausend Jahren zunutze, dass es innerhalb von
Tier- und Pflanzenarten verschiedene Varianten gibt. Man wählte
die passenden Typen aus und erhielt nach einigen Generationen Getreidesorten,
die mehr Ertrag brachten, Ziegen, die mehr Milch lieferten und Schweine,
die mehr Fleisch an den Rippen hatten.
Nachdem im Jahr 1944 das kleine Büchlein „Was ist Leben?“
des österreichischen Physikers und Nobelpreisträgers Erwin
Schrödinger erschienen war, in dem dieser richtig voraussagte,
dass die Erbmasse aller Lebewesen ein Molekül im Zellkern sein
müsse, reiste der junge amerikanische Student James Watson nach
Cambridge in England. Er war der Meinung, dass dort die richtigen Leute
versammelt waren, mit deren Hilfe die Entschlüsselung der gesuchten
Substanz möglich sei. Tatsächlich gelang es 1953 den beiden
Biochemikern James Watson und Francis Crick, die Struktur des Erbmoleküls
„DNA“ zu entschlüsseln. Das war eine Sensation, aber
noch keine wissenschaftliche Revolution. Beim Züchten war man nach
wie vor auf die Regeln des alten Mendel angewiesen.
Niemand hatte damals die geringste Ahnung, wie es möglich sein
sollte, einzelne Gene zu lesen, auszuschneiden oder von einer lebenden
Zelle auf eine andere zu übertragen. Zu Beginn der Siebzigerjahre
machte der Schweizer Biologe Werner Arber an der Universität Basel
jedoch eine Entdeckung, die alles änderte. Als Arber wissen wollte,
warum einige Bakterien gegen den Befall spezieller Viren unempfindlich
sind, fand er ein Enzym, das Erbmoleküle an ganz bestimmten Stellen
spalten kann. Die Bakterien hatten die DNA-Moleküle der eindringenden
Viren kurzerhand in passende Stücke zerteilt.
1978 erhielten Werner Arber (* 1929), Hamilton Smith (* 1931) und Daniel
Nathans (* 1928) den Nobelpreis für Physiologie und Medizin. Die
beiden letztgenannten US-Biologen hatten die Enzyme erstmals dazu verwendet,
um Gene zu zerteilen und zu lesen.
Die Gentechnik führte schließlich zu einer Revolution. Die
größten Erfolge liegen allerdings nicht in der Züchtung
„Eier legender Wollmilchsäue“, sondern in der Kriminalistik
und in der Aufdeckung von Verwandtschaftsbeziehungen zwischen Tier-
und Pflanzenarten. Für die Wissenschaften, insbesondere die Evolutionsbiologie,
erwies sich die Gentechnik geradezu als Raketentreibsatz.