Der Dreh- und Angelpunkt unserer Industriegesellschaft ist die Energie.
Ohne Energie geht nichts. Kein Aufzug, kein Zahnarztbohrer, keine Lokomotive
bewegte sich. Keine Schreibtischlampe, kein Scheinwerfer, keine Neonröhre
leuchtete auf. Kein Bügeleisen, keine Herdplatte, keine Kaffeemaschine
würde heiß. Die Naturforscher des 16. und 17. Jahrhunderts
ahnten intuitiv, dass es so etwas wie Energie geben muss, aber sie wussten
nicht, was das ist. Newton, Kepler und andere Physiker sprachen von
der „lebendigen Kraft“. Es war auch bekannt, dass Wärme
etwas mit der lebendigen Kraft zu tun haben muss, aber das Wesen der
Wärme und der Energie blieb im Dunkel verborgen.
Das sollte sich ändern, als James Prescott Joule und sein Freund
William Thomson, Lord Kelvin of Largs, die Bühne der Wissenschaft
betraten. Joule (1818-1889) war der dritte Sohn eines Bierbrauers und
aus gesundheitlichen Gründen ein Sorgenkind. Sein Privatlehrer
war kein Geringerer als John Dalton, ein angesehener Wissenschafter,
der zu Beginn des 19. Jahrhunderts die in Vergessenheit geratene Atomtheorie
neu belebte. Joule war von Natur aus so neugierig, dass er sich in der
Freizeit mit physikalischen Experimenten beschäftigte. Dabei entdeckte
er, dass Stromkabel sich erwärmen und diese Wärme von der
Stromstärke und vom elektrischen Widerstand abhängen. William
Thomson (1824-1907), der spätere Lord Kelvin, war Physiker in Glasgow.
Auch er erforschte den Zusammenhang zwischen Wärme und Elektrizität.
Im Zuge seiner Arbeiten wurde er auf den Amateurphysiker Joule aufmerksam.
Dieser hatte die Beziehung zwischen Bewegung und Wärme („Wärmeäquivalent“)
exakt messen können. Jeder kennt den Effekt. Reibung erzeugt Wärme,
Meteoriten verglühen deswegen sogar in der Atmosphäre. Thomson
erkannte die große Bedeutung der Joulschen Experimente. Die beiden
Männer entwickelten eine Freundschaft, die ein Leben lang hielt.
James Joule und William Thomson, der 1892 zum „Lord Kelvin of
Largs“ geadelt wurde, führten zahlreiche gemeinsame Experimente
durch. Sie bewiesen, dass Wärme eine Energieform ist und entdeckten,
dass Gase durch rasche Druckverminderung abkühlen. Das war die
Voraussetzung zur Erfindung des Kühlschranks. Beide Männer
revolutionierten damit die Technik und schufen die Grundlagen zur weiteren
Entwicklung der Wärmekraftmaschinen und der Kältetechnik.
Zwei der wichtigsten technischen Einheiten sind heute nach den beiden
großen Physikern benannt. Die Energie wird heute international
in Joule gemessen, die Temperatur in Kelvin. Kalorien, Kilowattstunden
(Energie) sowie Grad Celsius und Fahrenheit (Temperatur) sind einfache
Alltagseinheiten für den Hausgebrauch.