„Als ich mich als Naturforscher an Bord der 'Beagle' befand,
war ich aufs höchste überrascht durch gewisse Merkwürdigkeiten
in der Verbreitung der Tiere und Pflanzen Südamerikas. Diese Tatsachen
schienen mir Licht zu werfen auf die Entstehung der Arten, das Geheimnis
aller Geheimnisse.“ Diese Worte schrieb Charles Darwin in seinem
berühmten Buch „Über die Entstehung der Arten“.
Das Buch hatte als Manuskript zwei Jahrzehnte in Darwins Schrank gelegen,
als er im Juni 1858 einen Brief des Globetrotters und Privatgelehrten
Alfred Russel Wallace bekam. Der Brief enthielt eine kurze wissenschaftliche
Abhandlung über die Mechanismen der Entstehung neuer Arten. Darwin
war erschüttert, denn Wallace’ Theorien unterschieden sich
von denen Darwins so gut wie gar nicht. Darwins Freunde drängten
nun zur Veröffentlichung. In letzter Minute wurde für die
Tagung der Linné-Gesellschaft - eine erlauchte Wissenschaftsakademie
- zwei Essays von Darwin und Wallace auf die Tagesordnung gesetzt. Die
vor der Gesellschaft am 30. Juni 1858 vorgetragenen Theorien langweilten
die Zuhörer, was vermutlich auf die bevorstehende Sommerpause zurückzuführen
war.
Die Idee, dass durch natürliche Varietäten und natürliche
Selektion neue Arten entstehen können, war jahrelang im Freundeskreis
diskutiert, nun aber öffentlich gemacht worden. Heute noch wird
den „Darwinisten“ vorgeworfen, sie glaubten an einen Zufall
bei der Entstehung der Arten, doch die natürliche Selektion kann
ein Element des Zufalls enthalten, bedeutet aber viel mehr. Darwin begnügte
sich in der Folge nicht mit dem Vortrag vor der Linné-Gesellschaft,
sondern schrieb sein erwähntes Buch, das 1859 erschien und enormes
Aufsehen erregte.
Die Revolution, die Darwin und Wallace bewirkten, kann nur mit der
Revolution von Galileo Galilei und Isaac Newton verglichen werden. Diese
waren überzeugt, dass die Naturgesetze nicht nur auf der Erde gelten,
sondern im gesamten Universum. Darwin und Wallace waren noch einen Schritt
weiter gegangen. Sie hatten die Naturgesetze auf die Tier- und Pflanzenarten,
also das Leben, ausgedehnt.
Als Darwin und Wallace ihre Ideen entwickelten, tauchten in der Physik
die statistischen Gesetze auf, die eine Entwicklung der modernen Wärmelehre
und der Atomphysik überhaupt erst ermöglichten. Diese Gesetze
kannte auch Darwin und baute sie in seine Theorien ein. Im 19. Jahrhundert
war das noch ungewöhnlich, heute ist das Allgemeingut in den Wissenschaften.
Diejenigen Kritiker, die der Evolutionstheorie vorwerfen, sie mache
keine präzisen Vorhersagen, übersehen völlig die statistischen
Gesetze. Damit sind sie im rein mechanischen Weltbild des 18. Jahrhunderts
stecken geblieben.