Niemand zweifelte im 18. Jahrhundert daran, dass die Erde nicht älter
ist als einige tausend Jahre. Das sollte sich 1785 ändern. Der
schottische Arzt James Hutton (1726 - 97) betrieb Geologie als Hobby
und veröffentlichte ein Buch mit dem Titel „Theorie der Entstehung
der Erdoberfläche“. Darin wird beschrieben, wie Wasser, Eis
und Wind langsam die Erdoberfläche verändert hatten. Hutton
behauptete, dass solche gigantischen Veränderungen wie das Entstehen
von Gebirgen und das Auswaschen von Flusstälern nur in ganz großen
Zeiträumen habe erfolgen können. Die Erde musste daher viele
Millionen Jahre alt sein. Diese Behauptung über das hohe Alter
der Erde wurde sogleich heftig bekämpft, aber die Biologen und
Geologen mussten zugeben, dass dadurch die Fossilfunde, für die
sich die Biologen eben erst zu interessieren begannen, eine Erklärung
fanden.
Die meisten Gelehrten glaubten, Fossilien seien auf irgendeine Weise
zu Stein gewordene Lebewesen. Viele vertraten die Ansicht, dass sie
Reste von Geschöpfen sind, die bei der Sintflut umgekommen wären.
Wenn dagegen die Erde so alt war, wie es Hutton annahm, konnten die
Fossilien außerordentlich alte Überreste sein, bei denen
die körperliche Sub-stanz sehr langsam durch das steinige Material
des Erdbodens ersetzt worden war.
Die Fossilienfunde erregten die Aufmerksamkeit des französischen
Biologen Georges Leopold Cuvier (1769 - 1832). Cuvier untersuchte den
inneren Bau verschiedener Lebewesen und verglich systematisch alle Ähnlichkeiten
und Verschiedenheiten. Dadurch begründete er die vergleichende
Anatomie. Diese Studien versetzten Cuvier in die Lage, die Beziehungen
der Körperteile so genau kennen zu lernen, dass er aus der Existenz
einiger Knochen die Gestalt anderer Knochen und die Art der zugehörigen
Muskeln ableiten konnte.
Cuvier entwickelte ein neues System der Tiere. Einen Stamm nannte er
Wirbeltiere, andere Gliederfüßler (Insekten, Spinnen, Krebse),
Weichtiere (Muscheln, Schnecken) und Radiaten (alles übrige). Cuvier
beließ es nicht dabei. Er dehnte sein System auch auf Fossilien
aus. Seinem erfahrenen Blick blieb es nicht verborgen, dass manche Fossilien
nicht den heute lebenden Organismen glichen. Dadurch dehnte Cuvier biologisches
Wissen bis in die tiefe Vergangenheit aus und begründete die Wissenschaft
der Paläontologie, die alte Lebensformen erforscht.
Zur Erklärung der Verteilung der Fossilien nahm Cuvier völlig
richtig an, dass es nicht nur eine Sintflut, sondern mehrere größere
Katastrophen in der Geschichte der Erde gegeben haben muss. Hutton und
Cuvier hatten erstmals die Basis für die damals revolutionäre
Erkenntnis aufbereitet, dass die Erde sehr alt ist.