Alle paar Wochen findet man auf den einschlägigen Seiten der Medien
kurze Berichte über den größten Beschleunigerring der
Welt, den LHC in Genf. Die Abkürzung LHC wird gerne mit „Großer
Schwerteilchenbeschleuniger“ übersetzt, heißt in Wahrheit
aber „Großer Schwerteilchenkarambolierer“.
Der LHC liegt in einer Tiefe von fünfzig bis hundertfünfzig
Metern zwischen dem französischen Juragebirge und dem Genfer See.
Der Tunnel war bereits in den 1980er Jahren für einen Vorgänger
des LHC gebaut worden. Der LHC schießt zwei Strahlen, die entweder
aus Protonen (Atomkerne des Wasserstoffs) oder Blei-Atomen bestehen,
frontal aufeinander. Tausendachthundert supraleitende Elektromagnete,
die bei extrem niedrigen Temperaturen betrieben werden, halten die Strahlen
in einer Kreisbahn. Jeder Strahl besteht aus etwa dreitausend Teilchenpaketen,
von denen jedes ungefähr hundert Milliarden Partikel enthält.
Da die Atome winzig klein sind, kommt es bei jedem Treffen zweier Teilchenpakete
lediglich zu zwanzig Kollisionen. Da sich die Teilchenpakete wegen ihrer
enormen Umlaufgeschwindigkeit aber dreißig Millionen Mal pro Sekunde
kreuzen, ereignen sich im LHC ungefähr sechshundert Millionen Kollisionen
pro Sekunde. Die Aufprallenergie ist gewaltig. Keine Maschine der Welt
kann derartige Energien auf so kleinem Raum konzentrieren, aus diesem
Grund wird der LHC neue Details über den Aufbau der Materie liefern.
Die Energie kleinster Teilchen wird in Elektronenvolt gemessen. Da
diese und andere in der Physik verwendete Maßeinheiten schwer
vorstellbar sind, sind Vergleiche hilfreich. Ein Strahl kreist ungefähr
zehn Stunden lang fast mit Lichtgeschwindigkeit im Rohr. Er legt dabei
zehn Milliarden Kilometer zurück, das ist die Strecke von hier
bis zum Rand des Sonnensystems und wieder zurück. Bei Vollbetrieb
hat ein Teilchenstrahl die Wucht eines PKW mit fast doppelter Schallgeschwindigkeit.
Die in den supraleitenden Magneten gespeicherte Energie könnte
in kürzester Zeit fünfzig Tonnen Kupfer schmelzen, die Magnetfelder
könnten die tonnenschwere Tresortür einer Bank um einige Zentimeter
verbiegen. Wenn man auf supraleitende (extrem kalte) Magnete verzichtete,
müsste man den LHC wesentlich größer bauen, außerdem
benötigte er vierzigmal mehr Energie.
Der LHC wird sich auf jeden Fall als Gewinn für die Wissenschaft
erweisen, weil für seinen Betrieb völlig neue Material-, Magnet-
und Computerentwicklungen notwendig waren. Sie werden später in
allen Bereichen der Wissenschaft zum Einsatz kommen. An die Kritiker
von heute wird sich dann kein Mensch mehr erinnern.