Was haben die Sängerin Maria Callas, der Komponist Wolfgang Amadeus
Mozart, der Schirennläufer Hermann Maier, der Fußballstar
Maradona und der Physiker Richard Feynman gemeinsam? Sie alle gehörten
zu einer Elite. Sie waren absolute Könner in ihrem Bereich. Der
letzte der Namen scheint aus der Reihe zu fallen, denn das Genie Richard
Feynman ist nur wenigen Menschen ein Begriff, obwohl er im Bestseller
„Timeline“ von Michael Crichton verewigt wurde. Sänger,
Rennfahrer und Fußballer kennt man, Nobelpreisträger nicht.
Deutschland und Österreich waren bis zum Nationalsozialismus internationale
Eliteschmieden im Bereich der Naturwissenschaften. 1933 kamen die Nazis
in Deutschland an die Macht, 1935 wurden die Nürnberger Rassengesetze
beschlossen, 1938 wurde Österreich besetzt. Es folgte ein unvorstellbarer
Exodus jüdischer Künstler und Wissenschaftler nach Großbritannien
und in die USA. Mit ihnen gingen viele leistungsfähige Nicht-Juden,
wodurch es zu einer Ausdünnung der Eliten kam.
Nach dem 2. Weltkrieg konnte sich Deutschland eine Zeitlang nicht erholen.
Das hatte Gründe, darunter auch eine bizarre postmarxistische Bewegung
an den deutschen Universitäten, die stark wissenschaftsfeindlich
agierte, denn der Hang zu Pseudowissenschaften war kein Monopol der
Nationalsozialisten. Marxisten waren und sind ebenso borniert. Deutschland
startete nach dem Niedergang der Ideologien einen Aufholprozess und
zählt in der Zwischenzeit wieder zum Kreis der Eliteländer
im naturwissenschaftlich-technischen Bereich. Deutschland (und auch
die Schweiz) bringen regelmäßig Nobelpreisträger hervor.
Eine wahre Begebenheit soll die Situation hierzulande schlaglichtartig
zeigen. Als ich vor rund dreißig Jahren an der Universität
Tübingen an einem Lehrstuhl für Genetik arbeitete, versuchten
ein Assistent und ich, einige Enzymtrennverfahren technisch zu verbessern.
Es gelang uns nach einigen Wochen, die Stichprobenzahl von 100 Trennungen
auf 1500 pro Tag zu erhöhen bei gleichzeitiger Steigerung der Qualität.
Als mein Kollege anlässlich eines Treffens die veränderte
Methode einer Gruppe von Assistenten und Dozenten in Wien zeigte, meinte
einer grinsend: „Na und? Bekommst jetzt deswegen mehr bezahlt?“
Diese Mentalität, weiters die laufend anhaltenden schulischen Stundenkürzungen
in den Bereichen Biologie, Chemie und Physik und der kommende Lehrermangel
in naturwissenschaftlichen Fächern werden unsere Studentenzahlen
in weichen Fächern wie Publizistik, Pädagogik und Soziologie
weiter steigen lassen. Naturwissenschaftliche Eliten und Nobelpreisträger
werden in Österreich viele Jahre lang keine mehr entstehen.