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19. April 2024


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SCHULE DES DENKENS


Der britische Mathematiker und Philosoph Bertrand Russell sagte einmal: „Viele Menschen würden eher sterben als denken. Und in der Tat: Sie tun es.“

Die Frage, ob und wie man denken lernen kann, ist einfach. Unsere Gymnasien sind Denkschulen - oder sollten es zumindest sein. Es ist ein Irrtum, in den allgemein bildenden höheren Schulen eine reine Wissensvermittlungsagentur zu sehen. Wer den Sinn unserer Gymnasien auf diese Ansicht reduziert, muss zwangsläufig zur Frage kommen, wozu man dieses oder jenes Wissen eigentlich benötigt. Müssen wir wirklich wissen, wie die Meeresenge zwischen Australien und Tasmanien heißt? Ist es wirklich nötig, das Volumen einer rotierenden Ellipse zu berechnen? Muss man den lateinischen Satz „Stultorum numerus infinitus est“ (Die Zahl der Dummen ist unendlich) übersetzen können? Ist es in Zeiten von Google und Yahoo notwendig, den Geist mit unnötigen Details zu belasten?

Unter den klassischen Nobelpreisträgern (Medizin, Physik und Chemie) findet man die unterschiedlichsten Typen, aber eines ist allen gemein. Sie haben allgemein bildende höhere Schulen besucht und dort das Denken gelernt. Der österreichisch-amerikanische Biochemiker Erwin Chargaff (1905-2002) hatte wichtige Vorarbeiten zur Entschlüsselung des DNA-Moleküls geleistet, wodurch er lange als heißer Tipp für den Nobelpreis gehandelt wurde, den er allerdings nie bekam. Chargaff war vor Jahren in Vorarlberg zu Besuch. Im privaten Gespräch sagte er voll Überzeugung, dass man den Schülern dann einen Gefallen erweist, wenn man ihnen das Denken beibringt. Das funktioniert am besten mit Latein, Mathematik und den bekannten Fächern, wie Naturwissenschaften, Geschichte und Philosophie.

Zum Lösen einer quadratischen Gleichung kann man getrost ein simples Computerprogramm einsetzen, lateinische Zitate samt Übersetzung findet man in vielen Büchern und tiefgründige philosophische Sätze kann man auf der Internetseite Wikipedia nachlesen. Wozu also sich den Kopf zerbrechen über Dinge, die Computer und Internet mühelos liefern? Die beste Antwort, die an dieser Stelle gegeben werden kann, stammt von der großen österreichischen Schriftstellerin Marie von Ebner-Eschenbach. „Nur der Denkende erlebt sein Leben. An Gedankenlosen zieht es vorbei.“

In letzter Zeit war von Zentralmatura, einheitlichen Bildungsstandards und einer Durchforstung (gemeint sind umfassende Kürzungen) der Lehrpläne die Rede. Diese Ankündigungen klingen schon ziemlich krank, können sich aber zu einer veritablen Bedrohung entwickeln, wenn die Hauptaufgabe unserer allgemein bildenden Schulen – die hohe Schule des Denkens – postmoderner Denkfaulheit zum Opfer fällt.




© 2009 Rudolf Öller, Bregenz


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"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
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"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

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