1942 erschien im Zentralverlag der NSDAP der Sammelband „Blut
und Ehre“ mit Reden und Aufsätzen des nationalsozialistischen
Chefideologen Alfred Rosenberg. Der Glaube an die kulturelle und politische
Herrschaft eines rassereinen Deutschlands zieht sich dabei wie ein brauner
Faden durch das ganze Buch. Im Kapitel „Mann und Weib“ heißt
es dazu: „Die nordisch-germanischen Mythen stellten die Göttin
Freya als Hüterin der ewigen Jugend und Schönheit hin. Raubte
man sie den Göttern, so würden diese altern und dahinsinken.
In die heutige Sprache übertragen, heißt das: In der Hand
der Frau liegt die Erhaltung unserer Rasse. Aus politischer Knechtschaft
kann sich noch jedes Volk aufraffen, aus rassischer Verseuchung nicht
mehr“. Nüchtern wissenschaftlich ist dazu festzuhalten, dass
in der Biologie reine Rassen nur als Ergebnis einer Züchtung bekannt
sind, wobei es nicht wenige Tier- und Pflanzenrassen gibt, bei denen
Fehler mitgezüchtet wurden. „Reine“ Rassen sind oft
degeneriert. Rosenbergs (wörtlich) „Reinerhaltung der Rasse“
ist nichts anderes als eine sowohl real-verbale als auch hypothetisch-biologische
Missgeburt.
Der Schreiber dieser Zeilen hat einmal die DNA seiner Mitochondrien
(Zellkörper, die unsere Energieversorgung sichern) durchleuchten
lassen. Mitochondriale DNA eignet sich hervorragend zur Untersuchung
langer menschlicher Stammbäume. Meine „Haplogruppe J“
kommt von Zentraleuropa bis nach Indien vor und enthält eine Mutation,
die während der Jungsteinzeit im Libanon entstanden und von dort
eingewandert ist. Die Europäer sind eine monströse Mischung.
Während der Römerzeit verbreiteten sich südeuropäische
Gene nach Norden, während der Völkerwanderungszeit skandinavische
Erbanlagen in Richtung Süden und Westen. Als die Araber Südspanien
besetzten, kam es zu einer weiteren Durchmischung, ganz zu schweigen
von den Hunnen, Vandalen, Osmanen und anderer Völkern. Kontinentaleuropa
ist ein genetischer Supermarkt. Die deutsche Sprache mit ihren Dialekten
ist relativ jung. Das Mittelhochdeutsche, aus dem sich die alemannischen
und bajuwarischen Dialektfamilien heraus entwickelt haben, ist keine
vierzig Generationen alt, das moderne Neuhochdeutsche höchstens
fünfzehn.
Welche Lehren soll man aus all dem ziehen? Schlichte nationale Seelen
sollten sich folgende Lehrsätze über das Nachtkästchen
hängen. 1) Die Genetik hat bewiesen, dass es keine makellosen Rassen
gibt, nicht einmal als Zuchtprodukt; 2) Auserwählte Völker
sind Hirngespinste; 3) Es ist erlaubt, ja sogar wünschenswert,
sich zu seinen heimatlichen Wurzeln zu bekennen, solange man andere
Volksgruppen nicht pauschal diffamiert.