Erdbeben sind unheimlich. Plötzlich beginnt der Boden unter den
Füßen zu erzittern, und in ein paar Sekunden liegt eine ganze
Region in Schutt und Asche. Bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts konnten
sich die Geologen die Entstehung von Erdbeben nur ungenau erklären.
Nachdem sich die Theorie der vom deutschen Polar- und Geowissenschaftlers
Alfred Wegener (1880 - 1930) entwickelten Plattentektonik durchgesetzt
hatte, verstand man die wichtigste Ursache der Erdbeben. Die obere Schicht
unseres Planeten besteht aus dicken Platten, die auf einem zähflüssigen
Untergrund schwimmend, an bestimmten Stellen aneinander stoßen
und dabei Beben auslösen können. Diese Bewegung nennt man
auch Kontinentaldrift. In Italien taucht beispielsweise die afrikanische
Platte unter die europäische und erzeugt Erdbebeben im Bereich
der Alpen.
Zur Messung der Stärke dienen zwei Skalen. Die (veraltete) zwölfteilige
Mercalli Sieberg-Skala gibt die sichtbare Wirkung des Bebens an. Intensität
2 bedeutet, dass das Beben gerade noch wahrgenommen wird. Bei Intensität
8 entstehen Spalten in Mauern. Ein Beben der Intensität 11 hat
Risse im Boden und Bergstürze zur Folge. Heute verwenden Geologen
zur Messung von Erdbeben die nach oben offene Richterskala. Dabei wird
die Energie am Bebenherd in einer logarithmischen Skala dargestellt.
Ein Beben der Stärke 7 ist zehnmal so stark ist wie eines mit Stärke
6 und hundertmal so stark wie ein Beben der Stufe 5.
Erdbeben werden immer dann als grausam empfunden, wenn ganze Städte
oder Regionen zerstört werden, wie das Seebeben samt Tsunami am
Stephanitag 2004. Eines der heftigsten Erdbeben in historischer Zeit
war jenes, das am Allerheiligentag des Jahres 1755 Lissabon dem Erdboden
gleichmachte und 60.000 Menschenleben auslöschte. Das Erdbeben
von 1906 in San Francisco war vergleichsweise ein kleineres Ereignis.
Wer das Beben von Lissabon als Strafe Gottes interpretiert, sollte vorsichtig
sein. Damals wurden alle Kirchen zerstört oder beschädigt,
während das Hurenviertel großteils verschont blieb. Johann
Wolfgang von Goethe hatte wegen des Lissabon-Bebens ein Leben lang Glaubenszweifel,
genauso wie Charles Darwin nach dem verheerenden Beben von 1835 in Concepción
in Chile.
Tokio liegt an der Grenze dreier tektonischer Platten, die als besonders
aktiv gelten. Verhaken sich zwei Platten, dann können zwischen
zwei Beben Jahrzehnte vergehen. Geschieht aber längere Zeit nichts,
dann erfolgen die Entladungen umso heftiger. Bill McGuire, ein Erdbebenexperte
am Londoner University College, bezeichnet die japanische Hauptstadt
als eine Stadt, „die auf den Tod wartet“.