Die Sprüche, woran man erkennt, dass man im 21. Jahrhundert angekommen
ist, sind großteils bekannt: Man versucht beim Mikrowellenherd
ein Passwort einzugeben, man erkennt seine Kinder nur noch dank der
Fotos am Schreibtisch, und alle Witze, die man kennt, stammen aus E-Mails.
Man sollte meinen, dass im hoch technisierten 21. Jahrhundert ein halbwegs
solides Grundwissen über naturwissenschaftlich-technische Zusammenhänge
existiert, aber die Zahlen sind eindeutig. Die Hälfte der EU-Bürger
glaubt, dass es keine natürliche Radioaktivität gibt, dabei
kann jeder im Internet nachlesen, dass der Franzose Henri Becquerel
die Radioaktivität 1896 nicht erfunden, sondern entdeckt hat. Vierzig
Prozent der Bürger glauben, dass man radioaktiv verseuchtes Wasser
durch Abkochen entgiften könne. Für beinahe zwei Drittel der
Bevölkerung sind Laserstrahlen gebündelte Schallwellen. In
Wahrheit ist Laser gebündeltes Licht, das sich mit rund 300 Millionen
Metern pro Sekunde ausbreitet. Schall läuft nur mit einem drittel
Kilometer pro Sekunde, Licht ist also eine Million mal schneller. Eine
Mehrheit der Bevölkerung glaubt, dass Gene nur im Genmais enthalten
sind. Gene, die selbstverständlich in allen Zellen aller Lebewesen
enthalten sind, wären demnach etwas rein Synthetisches. Für
60 Prozent der Bevölkerung haben Steinzeitmenschen und Saurier
gleichzeitig gelebt. Daran erkennt man, wie gewisse Fernsehserien wie
die „Flintstones“ das Langzeitgedächtnis bedienen,
die Inhalte des Biologieunterrichts aber nur bei einigen Hirnbenützern
hängen bleiben.
Es gibt einen noch bedenklicheren Aspekt als die trotz vieler Bildungsangebote
grassierende Halbbildung. Satte achtzig Prozent der deutschen Bevölkerung
sind überzeugt, dass Forscher ihre Ergebnisse nach den Wünschen
zahlender Auftraggeber ausrichten. Kurz gesagt: Forscher lügen
zugunsten ihrer Käufer. Die Sterne lügen nicht, denn eine
Mehrzahl der Bürger vertraut eher der Astrologie als der modernen
Wissenschaft. Seit 1947 registriert das Institut Allensbach (IfD) die
Haltung der Deutschen zur Wissenschaft. Nach mehr als einem halben Jahrhundert
resümierte die Chefin, Frau Dr. Elisabeth Noelle, einen „dramatischen
Glaubwürdigkeitsverlust wissenschaftlicher Institutionen und Autoritäten“
bei der Bevölkerung. Triviale Esoterik ersetzt zügig das Vertrauen
in Wissenschaft und Forschung. In Österreich dürften die Ergebnisse
ähnlich aussehen.
Die Wissensexplosion durch die elektronischen Medien, insbesondere
das Internet, hat nicht zu einer gleichmäßigen Verteilung
des Wissens geführt, es ist eher das Gegenteil eingetreten.