Der Begriff „Newspeak“ (deutsch: Neusprech, auch Neusprache)
stammt aus dem bedrückenden Werk „1984“ des englischen
Schriftstellers George Orwell. „Newspeak“ ist eine von einem
totalitären oligarchischen Regime vorgeschriebene Sprachregelung.
Ziel ist es, bestimmte Wörter abzuschaffen, um die Gedankenarbeit
der Menschen kontrollieren zu können. Zur Newspeak gehören
auch bestimmte Methoden, wie etwa „Doppeldenk“ und „Verbrechenstop“.
Beim Doppeldenk geht es um die Fähigkeit, zwei sich widersprechende
Aussagen gleichzeitig als wahr zu erkennen. Verbrechenstop dient dazu,
Gedankenverbrechen – das sind verbotene Gedanken – sofort
als solche zu erkennen, um den Verstand in eine andere Richtung zu lenken.
George Orwell hat mit seinem Roman auf die Spitze getrieben, was in
der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts in Diktaturen üblich
war. Bei den Nationalsozialisten wurde auf Vermeidung von Fremdwörtern
Wert gelegt. Ein Vierzylinder-Explosionsmotor wurde als „4 Topf-Zerknalltriebling“
bezeichnet. Besonders begabt waren die Kommunisten. Auf Stalins Befehl
wurden alle Nicht-Kommunisten als Faschisten bezeichnet. Beschönigungen
und Verunglimpfungen gab es ohne Ende. Zwangsarbeit nannte man in der
DDR „Arbeitserziehung“, Bürger, die anderen zur Flucht
aus dem Kommunismus verhalfen, wurden als „Menschenhändler“
diffamiert und westliche Nachrichtenagenturen hießen „Agentenkloaken“.
Die Neusprache des 21. Jahrhunderts nennt man „political correctness“,
ein Ableger davon ist „gender“. Das Ausmaß einer umfassenden
Sprachsteuerung ist noch nicht erreicht, aber Trends sind erkennbar.
Wenn verhaltensauffällige Kinder in satirisch anmutender Weise
„verhaltensoriginell“ genannt werden und im Biologieunterricht
die „SchülerInnen“ beim Wort „Rasse“ erschrecken,
obwohl dieses Wort bei Tier- und Pflanzenrassen anstandslos verwendet
werden kann, dann hat eine ungute Entwicklung eingesetzt.
Die Verhaltensforscher sind sich heute darüber einig, dass die
Sprache ihren Ursprung in Gefühlen hat. Unsere keulenschwingenden
Vorfahren haben die Sprache nicht erfunden, um zu beraten, ob sie das
Mammut von vorne oder von hinten angreifen sollen, sondern um Empfindungen
auszudrücken. Die Fähigkeit, abstrakte Dinge, wie Zahlen und
mathematische Gleichungen aufzuschreiben, entstand erst relativ spät
und war die Voraussetzung zur Entstehung großer Kulturen. Zum
freien Denken gehört auch eine emanzipierte Sprache. Die allseits
präsente „political correctness“ kann sich unter Umständen
zu einer Denkbremse entwickeln, wenn wir jede Regelung der doktrinären
Neusprechregimes kritiklos übernehmen.