Der Blick durch ein Mikroskop eröffnet eine interessante Welt.
Der Flügel eines Insekts, die Augen einer Spinne, die Spaltöffnungen
an der Unterseite eines Blattes und vieles mehr aus der Mikrowelt lösen
bei Schülern stets ein Aha-Erlebnis aus. Wenn man allerdings versucht,
lebende Zellen unter dem Mikroskop zu betrachten, erlebt man eine Enttäuschung.
In Pflanzenzellen kann man zwar noch grüne Körnchen wahrnehmen,
die so genannten Chloroplasten, aber sonst ist nicht viel zu sehen.
Die Biologen benötigen zur Sichtbarmachung der Zellstrukturen Färbemittel,
und diese kommen aus der Chemie.
In der Mitte des 19. Jahrhunderts lernten die Chemiker, organische
Substanzen herzustellen, die in der Natur nicht existieren. Viele davon
waren farbenprächtig. Dies markierte den Beginn der Farbchemie,
die Welt wurde innerhalb weniger Jahre bunt. Wenn nun das Innere einer
Zelle nicht homogen ist, so vermuteten die Biologen damals, dann bestünde
die Möglichkeit, dass einige Teile davon mit besonderen chemischen
Farbsubstanzen reagierten. Eine Reihe von Biologen experimentierte in
dieser Richtung. Besonders erfolgreichen war dabei der deutsche Zellforscher
Walter Flemming (1843 - 1905). Er untersuchte Zellen und beobachtete,
dass sich im Zellkern Strukturen befinden, die bestimmte Farbstoffe
absorbieren. Dadurch heben sich diese nach der Einfärbung deutlich
gegen den farblosen Hintergrund ab. Flemming nannte dieses Material
„Chromatin“ (nach dem griechischen Wort für Farbe).
Dieses Chromatin verdichtet sich bei der Zellteilung zu den länglichen
„Chromosomen“, was so viel wie „Farbkörper“
bedeutet. Erst später sollten sich diese Farbkörper als Träger
der Gene herausstellen.
Die Geschichte der Färbetechnik ist noch nicht zu Ende, wie der
diesjährige Chemienobelpreis zeigt. Diesen teilen sich drei Wissenschaftler,
denen wir die Entdeckung und Weiterentwicklung des "grün fluoreszierenden
Proteins" (GFP) zu verdanken haben. Es sind dies der Japaner Osamu
Shimomura und die US-Amerikaner Martin Chalfie und Roger Y. Tsien. GFP
lässt sich an andere Proteine binden. Es fluoresziert grün,
wenn man es mit UV-Licht bestrahlt und ist damit als Zellmarker hervorragend
geeignet. Man hängt das fluoreszierende Protein, das übrigens
in einer Qualle entdeckt wurde, an ein anderes Protein an und schon
kann man es verfolgen. In der Zwischenzeit gibt es verschiedene Proteinvarianten,
die in allen Farben leuchten. Scherzkekse unter den Chemikern haben
damit bereits winzige Leuchtgemälde erzeugt. Vielleicht braut demnächst
jemand ein Getränk mit GFP. Urlauber, die sich am Strand bräunen
lassen, könnten sich dann als grüne Männchen bewundern
lassen.