Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2009

Die menschliche Freiheit besteht lediglich darin, dass sich die Menschen ihres Wollens bewußt und der Ursachen, von denen sie bestimmt werden, unbewußt sind.
(Baruch de Spinoza)


29. März 2024


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NOBELPREISE 2009: MEDIZIN UND PHYSIOLOGIE


Der Nobelpreis für Medizin und Physiologie ging in diesem Jahr an drei US-Biologen: Elizabeth Blackburn, Carol Greider und Jack Szostak. 1985 hatten Blackburn und ihre damalige Doktorandin Carol Greider im Zellkern von Wimpertierchen, das sind mikroskopisch kleine behaarte Lebewesen, das Enzym Telomerase entdeckt, zu deren Entdeckung Jack Szostak wichtige Vorarbeiten geleistet hatte. Alle Moleküle, die im Namen hinten ein „-ase“ aufweisen, sind Enzyme. In keinem Lebewesen läuft irgendetwas ohne diese Moleküle. Wir alle - Menschen, Tiere, Pflanzen, Bakterien - wachsen, verdauen, atmen und scheiden aus, und immer kontrollieren Enzyme das Geschehen.

Die Telomerase ist etwas Besonderes und hat mit den Chromosomen zu tun. Die Chromosomen sitzen im Zellkern und enthalten die Gene. Normalerweise kann man Chromosomen im Mikroskop nicht sehen. Erst wenn sich eine Zelle teilt und der Biologe ein geeignetes Färbemittel einsetzt, werden diese winzigen Strukturen sichtbar. Am Ende der Chromosomen sitzen die Telomere. Das Wort kommt aus dem Griechischen und bedeutet soviel wie „Endteil“. Telomere sind für die Stabilität von Chromosomen von großer Bedeutung. Sie enthalten Gensequenzen, die extrem oft, in Säugetieren sogar mehrere tausendmal, wiederholt werden. Diese „hochrepetitiven Sequenzen“ dienen übrigens in der Kriminalistik zur Identifizierung von Verbrechern oder Verbrechensopfern.

Bevor sich eine Zelle teilt, teilen sich die Chromosomen. Schüler in Gymnasien lernen diesen Vorgang unter dem Begriff „Mitose“ kennen. Das Dumme ist nur, dass sich die Telomere nach jeder Zellteilung verkürzen. Das für die Chromosomenteilung wichtige Enzym „Polymerase“ versagt hier gewissermaßen. Wenn die Telomerlänge ein kritisches Maß unterschreitet, tritt der Zelltod ein. Das Leben junger Zellen wäre viel zu kurz, wenn es nicht einen enzymatischen Jungbrunnen namens Telomerase gäbe. Dieses Enzym kann die Verkürzung der Telomere ausgleichen.

Der Haken an der Sache liegt nun darin, dass das Enzym nur in Stamm- und Geschlechtszellen seine nützliche Funktion ausübt. Am Beginn des Lebens tut die Telomerase das, was sie nach unserer Wunschvorstellung immer tun sollte. Sie beschützt die Chromosomen und achtet darauf, dass sie nicht verkümmern. Wird die Telomerase in älteren Körperzellen aktiv, kann Krebs entstehen. Das Reparaturenzym - zur falschen Zeit am falschen Ort – wird zur tödlichen Falle. In den Neunzigerjahren glaubten Biologen und Mediziner, dass eine Kontrolle der Telomerase den Krebs besiegen könnte. Dieser Traum ist nicht in Erfüllung gegangen, trotzdem hat die Telomeraseforschung ein großes Tor zu neuem Wissen geöffnet.




© 2009 Rudolf Öller, Bregenz


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"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
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