Der Nobelpreis für Medizin und Physiologie ging in diesem Jahr
an drei Virenforscher, den deutschen Fachmann für Papillomaviren,
Harald zur Hausen und die französischen Entdecker des HIV, Luc
Montagnier und Francoise Barré-Sinoussi.
Lange bevor die Papillomaviren als Ursache für den Gebärmutterhalskrebs
identifiziert worden waren, ahnten die Mediziner, dass es sich um einen
sexuell übertragbaren Auslöser handeln müsse. Zunächst
hatte man Herpesviren in Verdacht, doch ein Beweis konnte nie erbracht
werden. Harald zur Hausen konzentrierte sich auf die Human-Papillomaviren
(HPV). Die Suche erwies sich als schwierig, weil es viele Virenvarianten
gibt. Nach und nach isolierte Professor zur Hausen verschiedene HPV-Typen,
darunter 1981 die erste Variante, die den Genitaltrakt befällt.
Der Nachweis für den Zusammenhang zwischen Viren und Gebärmutterhalskrebs
gelang 1983. Der Erreger bekam die Seriennummer HPV16. Dieses Virus
lässt sich in der Hälfte aller Biopsien aus Gebärmutterhalstumoren
nachweisen. Als es schließlich gelang, die Variante HPV18 aus
Tumorgewebe zu isolieren, hatte zur Hausen die beiden wichtigsten krebserregenden
HPV-Typen gefunden. Die Isolierung der Viren führte schließlich
zur Entwicklung eines wirksamen Impfstoffes.
Wesentlich bedrohlicher als die Papillomaviren sind die Aids-Viren
mit all ihren Varianten. Das HI-Virus ändert seine Oberfläche
ununterbrochen. Es ist molekularbiologisch so schwer zu fassen, dass
es bis heute weder ein Heilmittel noch einen Impfstoff gibt. Wenn Viren
gemeinhin als „genetische Piraten“ bezeichnet werden, so
kann man HI-Viren als „genetische Terroristen“ bezeichnen.
Françoise Barré-Sinoussi und Luc Montagnier hatten sehr
früh nach dem Verursacher einer 1981 erstmals auftretenden Seuche
zu suchen begonnen. Sie betraf fast ausschließlich junge Männer,
die verschiedene, für diese Altersgruppe völlig untypische,
tödliche Symptome entwickelten. Das „US Center for Disease
Control“ fasste diese Fälle unter dem Namen "Acquired
Immune Deficiency Syndrome" (Aids) zusammen. Bereits 1982 galt
Aids als weltumspannende Epidemie.
Einer Forschergruppe unter Barré-Sinoussi und Montagnier am
Institut Pasteur in Paris gelang es, in Lymphknoten von Patienten das
Enzym „Reverse Transkriptase“ zu isolieren, was auf so genannte
Retroviren hindeutete. Elektronenmikroskopische Befunde zeigten zudem
winzige Partikel – nur etwa 100 millionstel Millimeter klein.
Diese Gebilde konnten Zellen im Labor infizieren, außerdem reagierten
sie mit Antikörpern, die aus dem Blutserum von Aids-Patienten gewonnen
worden waren. Damit war erstmals der nobelpreiswürdige Nachweis
von HIV gelungen.