Das Schlagwort von der „gemeinsamen Schule“ der Zehn- bis
Vierzehnjährigen macht schon länger die Runde. Das Wort „gemeinsam“
wird aus einem einfachen Grund verwendet: Es ist positiv belegt. Keineswegs
ist damit gemeint, dass alle österreichischen Schüler zwischen
zehn und vierzehn Jahren in ein großes Stadion getrieben werden,
um sie dort gemeinsam zu unterrichten. Genau das meint das Wort „gemeinsam“.
Die Schülergemeinsamkeit genügt offenbar nicht mehr. Nun ist
von einer gemeinsamen Ausbildung der Lehrer die Rede. Wiederum wird
das Wort nur deshalb verwendet, weil es sympathisch klingt. Nähme
man die Sache auch hier wörtlich, so müsste man alle Lehramtskandidaten
in eine große Sporthalle treiben um sie dort „gemeinsam“
auszubilden. In Wahrheit wird beabsichtigt, alle Lehrer, egal ob Volks-,
Haupt- und Gymnasiallehrer, in einer einheitlichen Akademie auszubilden.
Genau das aber wäre ein Fehler.
Sowohl Bundeskanzler Gusenbauer als auch Wissenschaftsminister Hahn
haben vor einigen Monaten anlässlich eines „Forschungsdialogs“
betont, dass es wichtig sei, möglichst viele junge Menschen mit
Wissenschaft vertraut zu machen. Man darf nicht erwarten, dass bei den
Schülerinnen und Schülern nach der Schule das Interesse an
der Wissenschaft ohne weiteres erwacht. Wissenschaft, vor allem wissenschaftliches
Denken vermitteln kann nur der Lehrer, der während seiner Ausbildung
entweder selbst wissenschaftlich gearbeitet hat oder zumindest einige
Jahre ein Naheverhältnis zur Wissenschaft hatte. Besuche an lehrreichen
Orten, wie etwa im Deutschen Museum in München, im Technorama in
Winterthur oder im Fossiliensteinbruch in Holzmaden bei Stuttgart sind
pädagogisch wertvoll, aber wissenschaftliches Denken vermitteln
solche Exkursionen noch nicht. Wer Bücher liest, Kurse besucht
und lehrreiche Sendungen ansieht, kann Bildung erwerben, aber nur der
wissenschaftlich systematisch arbeitende Mensch kann auch den speziellen
Röntgenblick für komplexe Zusammenhänge entwickeln.
Im Zuge einer geplanten Organisationsreform der pädagogischen
Hochschulen droht die Gefahr, dass durch die „gemeinsame“
Ausbildung der Lehrer alle Lehramtsstudenten von den Universitäten
ausgelagert und den pädagogischen Hochschulen übergeben werden,
wodurch auch die bewährte Durchlässigkeit verloren ginge.
Noch können Lehramtskandidaten je nach Bedarf und Begabung relativ
leicht in die Forschung oder aus der Forschung in den Unterricht wechseln.
Die Schlussfolgerung kann daher nur lauten: Zumindest die Ausbildung
der Gymnasiallehrer muss weiterhin auf den Universitäten stattfinden.
Die beabsichtigten Änderungen des Ministeriums wären ein Rückschritt.