Welt der Naturwissenschaften und Politik
|
DATEN DEUTEN |
Der Eintrag #FollowTheScience im globalen Internetforum Facebook führt in eine Welt der Wissenschaft, aber die Meldungen in dieser Nische sollten auf eigene Gefahr gelesen werden. Stanford-Professor John Ioannidis beschäftigt sich nicht nur mit der Covid-Pandemie, sondern auch mit der Auswertung von Publikationen. Er berichtet, dass bis heute rund 460.000 Wissenschaftler etwas zu Covid-19 veröffentlicht haben. Es erschienen auch eine Menge Bücher, die in wenigen Wochen produziert worden waren. Diese Publikationen widersprechen sich zum Teil, obwohl sie von Autoren geschrieben wurden, die es gut meinten. Das Problem ist nicht die Wissenschaft an sich, sondern die Interpretation der Daten. Diese Daten wurden eventuell schlecht erhoben oder fehlerhaft gedeutet. Man kann aus einer Menge von Daten diejenige Teilmenge herausgreifen, die man für „richtig“ hält, es ist auch möglich, ein und dieselbe Datenmenge mit verschiedenen Computermodellen zu analysieren. Am Ende nimmt man aus einem Dutzend Modellergebnissen genau das Resultat, das man für zutreffend hält. Diese Fehler gibt es nicht nur bei Covid, sondern bei allen Analysen, die in die Zukunft reichen. Nichtwissen Die Biologen des deutschen Universitätsinstituts, in dem ich arbeiten durfte, haben mit Bakterien und verschiedenen Tierpopulationen Experimente durchgeführt. Dabei wurden speziell entwickelte Modellchromosomen mit gut nachweisbaren Genen markiert, Selektionsprozesse unter verschiedenen Bedingungen durchgeführt und die Daten mit Computermodellen ausgewertet. Die damals verwendete Programmiersprache „Fortran“ ist heute nur Informatikern bekannt. Wir haben unerwartete Resultate erzielt. Am erstaunlichsten war die Erkenntnis, dass verschiedene Rechenmodelle aber auch eine unterschiedliche Auswahl von Daten in einem Rechenmodell ähnliche Ergebnisse lieferten. Welches Modell nun richtig war, konnte niemand sagen. Hätten wir institutsintern abgestimmt, dann hätte eines der Modelle vielleicht eine Mehrheit bekommen, was in keiner Weise dessen Richtigkeit bewiesen hätte. Auf den Punkt gebracht: Auch Nichtwissen kann ein wissenschaftliches Resultat sein. Wir müssen trotz allen Nichtwissens mehr in naturwissenschaftlich-technische Fächer investieren. Wir brauchen mehr junge Leute, die nicht nur wissenschaftlich arbeiten, sondern auch analytisch denken können. Bei aller Offenheit gegenüber dem Wissensbetrieb muss die Feststellung erlaubt sein, dass manche Kulturwissenschaften durchaus interessant sind, im Gegensatz zu den Naturwissenschaften aber kaum etwas zum Fortschritt der Menschheit und zur Lösung existentieller Probleme beitragen können. |
© 2021 Rudolf Öller, Bregenz [/2021/roe_2117] |
Helden der Wissenschaft: |
|
Rudolf Oeller:Typhon DistrictThriller über eine Gruppe von Wissenschaftlern, die Gott gründlich ins Handwerk pfuscht und dabei zugrunde geht.
|