Fast alle Wissenschaften haben im Lauf der Zeit esoterische Ableger gebildet. Aus Einsteins Photonen wurden Biophotonen, aus der nachweislichen Gefährlichkeit von Röntgenstrahlen wurde eine Bedrohung abgeleitet, die angeblich von allen unsichtbaren Strahlen ausgeht und aus der Geologie spaltete sich die Geomantie ab. Ein Besuch in großen Buchhandlungen zeigt eine enorme Fülle an Voodoo -Themen.
Einer Pseudowissenschaft ist es sogar gelungen, Universitätsinstitute zu erobern. Es ist der „radikale Konstruktivismus“. Begonnen hat alles mit der Erkenntnis, dass die Realität nicht immer mit dem übereinstimmt, was wir sehen, hören und fühlen. Töne können wir hören, aber nicht unter 16 Hertz und über 20.000 Hertz. Licht können wir sehen, aber nicht außerhalb der Wellenlängen von 390 bis 770 Nanometer. Geschmäcker sind bekanntlich verschieden. Bestimmte chemische Stoffe werden von Menschen mit „Taster“-Gen geschmeckt, Menschen ohne dieses Gen schmecken nichts.
Verhaltensbiologen und aufgeschlossene Philosophen haben versucht, all das zu verstehen. So entstand die „evolutionäre Erkenntnistheorie“. Sie besagt, dass unser Erkenntnisapparat mit all seinen Sinnen eine Millionen Jahre lange Geschichte der Entstehung hinter sich hat. Wir wissen heute, dass es objektive Wahrheiten gibt, wie die Lichtgeschwindigkeit, die Existenz von Atomen und Molekülen und andere. Wir können mit unseren angeborenen Sinnen aber nur einen Teil der Wirklichkeit wahrnehmen. Für den Rest brauchen wir Technik.
Die radikalen Konstruktivisten haben das gründlich missverstanden, lehnen das Erkennen jeder Realität ab und halten alles Existierende für gesellschaftliche „Konstruktionen“. Objektive Wahrheiten machen diesen parareligiösen „Wissenschaftlern“ Angst. Sie plädieren für eine „Dekonstruktion“ alter Werte und die Gestaltung einer gesellschaftlich verträglichen neuen Realität. So entstand als Nebenprodukt die Pseudowissenschaft des Genderismus. In einem Buch (O. Marchart: „Cultural Studies“) ist von einer „Zwangsheterosexualität“ die Rede. Es heißt da: „Selbst der ärztliche Ausruf ‚Es ist ein Junge!‘ ist kein Statement zur Anatomie, sondern ein performativer Akt, der das Neugeborene zwangsweise einem binären kulturellen Geschlechtersystem einschreibt und als ‚Junge‘ überhaupt erst erzeugt.“ Geschlechter wären demnach willkürlich konstruiert und hätten nichts mit Anatomie oder Chromosomen zu tun. Abgesehen davon, dass alle Ideologien ihre inhaltliche Leere mit Fremdwörtern tarnen, ist der radikale Konstruktivismus in den Realwissenschaften längst tot. Trotzdem wird bei uns noch seine groteske Tochter namens „Genderforschung“ gepflegt.