In der Natur gibt es eiserne Gesetze, die man nicht ändern kann. So kann niemand die Schwerkraft abschaffen oder die Vakuum-Lichtgeschwindigkeit ändern. Es gibt aber Tricks, mit denen man Naturgesetze bis an die Grenzen des Möglichen nutzen kann. Ein Beispiel ist die Mikroskopie. Das Auflösungsvermögen eines optischen Gerätes ist von der Lichtwellenlänge abhängig. Das ist der Grund, warum man in einem handelsüblichen Lichtmikroskop Bakterien und Blutkörperchen erkennen kann, nicht aber Viren, denn die sind für die verwendete Lichtwellenlänge viel zu klein.
Das Auflösungslimit für Lichtmikroskope hatte bereits 1873 der Deutsche Optikexperte Ernst Abbe entdeckt, es gilt nach wie vor. Ein Mikroskop kann zwei Objekte nicht mehr voneinander unterscheiden, wenn ihr Abstand kleiner ist als die halbe Lichtwellenlänge. Das entspricht ungefähr 200 milliardstel Meter. Man muss also die verwendete Wellenlänge kleiner machen. Das schafft man mit einem Elektronenmikroskop. Dieses Wunderwerk der Technik kann Viren sichtbar machen, aber es gibt einen entscheidenden Nachteil. Elektronenstrahlen funktionieren nur im Vakuum, daher können keine lebenden Substanzen untersucht werden. Alles, was man in einem Elektronenmikroskop sieht, ist tote Substanz.
Ende der Achtzigerjahre hatten Physiker erstmals die Idee, dass es möglich sein müsste, die Grenzen der Lichtmikroskopie zu erweitern, indem man die Chemie einsetzt. Die Physiker meinten zwar, dass das kaum möglich sei, doch weder Stefan Hell (Deutschland), inzwischen Direktor am Max-Planck-Institut für biophysikalische Chemie in Göttingen, noch die beiden US-Forscher Eric Betzig und William Moerner ließen sich davon beeindrucken. Sie glaubten, dass man die Gesetze der Optik zwar nicht aushebeln, dafür aber ein paar Tricks anwenden kann. Für die Entwicklung der superauflösenden Fluoreszenzmikroskopie erhielten nun alle drei Forscher den Chemienobelpreis 2014 zuerkannt.
Die Fluoreszenzmikroskopie ist eine außergewöhnlich raffinierte Form der Lichtmikroskopie. Sie beruht auf dem physikalischen Effekt der Fluoreszenz, bei dem bestimmte Farbstoffe mit Licht einer bestimmten Wellenlänge angeregt werden und kurz darauf Licht einer anderen Wellenlänge abstrahlen. Durch spezielle Filter wird erreicht, dass nur das abgestrahlte Licht beobachtet wird. Die Fluoreszenzmikroskopie gibt es in einfacher Form schon seit Beginn des 20. Jahrhunderts, aber die diesjährigen Nobelpreisträger haben die Technik so verbessert, dass man allerkleinste lebende Strukturen weit unter der Abbe-Grenze sehen kann. Diese Methode eröffnet der Biologie, der Medizin und auch der Pharmaforschung völlig neue Möglichkeiten.