Welt der Naturwissenschaften
(Scientific Medley)

 Jahresübersicht 2014

Die Volksbegeisterung in unsern letzten Freiheitskriegen ward wie die Jungfrau von Orleans unter ihrer eigenen Fahne begraben.
(Wolfgang Menzel)


28. März 2024


zurück Übersicht weiter

EXPLIZITE WORTWOLKEN


Noam Avran Chomsky (*1928) ist ein bekannter amerikanischer Sprachwissenschaftler und Universitätsprofessor. Er ist ein einflussreicher Gesellschaftskritiker, der auch vor Spott und Hohn gegen die eigenen Gesinnungsgenossen nicht zurück schreckt: „Ganz allgemein gesprochen, scheint es gerechtfertigt zu sein, wenn man sagt, je reicher die intellektuelle Substanz eines Gebietes ist, desto weniger besteht Interesse an Qualifikationsnachweisen und desto größer ist das Interesse am Inhalt.“ Chomsky wendet sich in mehreren Schriften auch gegen die übertriebene Verwendung von Fremdwörtern. Laut Chomsky neigen Schwafler dazu, inhaltsleere Aussagen durch sinnlose Wortwolken zu kaschieren.

Der österreichische Philosoph Sir Karl Popper (1902 - 1994) stieß in das gleiche Horn. In einer Spottschrift verhöhnt er die übertriebene Verwendung komplizierter Ausdrücke seiner Fachkollegen, unter ihnen Hegel, Adorno, Habermas und andere. Den Satz eines zeitgenössischen Philosophen „Sie erweisen sich für einen speziellen Gegenstandsbereich dann als brauchbar, wenn sich ihnen die reale Mannigfaltigkeit fügt“ übersetzt Popper hämisch mit „Sie sind auf ein bestimmtes Gebiet dann anwendbar, wenn sie anwendbar sind.“

Warum verwenden Menschen Fremdwörter, wenn die eigene Sprache ausreicht, ja sogar aussagekräftiger ist? In erster Linie geht es darum, Eindruck zu erzeugen. Führende amerikanische Psychologen sind der Sache auf den Grund gegangen und haben dabei Erstaunliches entdeckt. Daniel „Danny“ Oppenheimer, ein prominenter Psychologe der Princeton Universität in New York, veröffentlichte die Studie „Consequences of Erudite Vernacular Utilized Irrespective of Necessity: Problems with Using Long Words Needlessly“ (Folgen des Gebrauchs von Fachjargon ungeachtet der Notwendigkeit: Probleme die dadurch entstehen, dass man unnötigerweise lange Wörter benutzt). Die Amerikaner testeten viele Menschen auf besonders raffinierte Weise, das Ergebnis ist eindeutig.

Wer als glaubwürdig und geistreich erscheinen will, darf sich nicht kompliziert ausdrücken, wenn das Gleiche einfacher gesagt werden kann. Beispiele gibt es viele. In Leserbriefen und Aufsätzen taucht oft das Wort  „explizit“ auf. Die entsprechenden deutschen Begriffe „ausdrücklich“, „ausführlich“ oder „deutlich“ sind viel besser. Daniel Oppenheimer wies nach, dass Menschen, die ihre Gedanken grundlos mit Fremdwörtern und (bei uns mit unnötigen Anglizismen) dekorieren, unabhängig von ihrer tatsächlichen Intelligenz weniger vernünftig, ja sogar unglaubwürdig wirken. Das „einfache Volk“ ist offenbar nicht so dumm, wie die Gilde der Phrasenbrigaden vermutet.




© 2014 Rudolf Öller, Bregenz



Frontpage Übersicht Sitemap Joker Kontakt und Videos
1996 1997 1998 1999 2000
2001 2002 2003 2004 2005
2006 2007 2008 2009 2010
2011 2012 2013 2014 2015
2016 2017 2018 2019 2020
2021 2022 2023 2024

Helden der Wissenschaft:
Hermann von Helmholtz
(1821-1894)
war Arzt, Physiologe, Physiker, Philosoph, kurzum ein Universalgelehrter, wie es ihn heute nicht mehr gibt. Er war in der Medizin, in der Physik und in der Biologie zu Hause. Respekt!

Silvia liest

Rudolf Oeller:

"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
Verlag novum, Zürich. ISBN 978-3-99130-025-0

"Wir waren eine großartige Bande von Stammtischbrüdern an der deutsch-österreichischen Grenze, auch zwei Stammtischschwestern waren dabei. Wir pfiffen auf alle Corona-Bestimmungen und trafen uns an jedem Freitag – eine verschworene Truppe, fast schon ein Dream Team. Drink Team trifft es allerdings besser. Voll Hoffnung starteten wir ins Coronajahr 2020, am Ende wurde es eine teils fröhliche, teils depressive Reise in den kollektiven Tod."

Das Buch ist bei Amazon, bei anderen Online-Händlern, beim Verlag und auch im Buchhandel erhältlich.

Interview zum Buch