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GÖDELS UNVOLLSTÄNDIGER GOTT


In den Siebzigerjahren zählte folgender Kalauer zu den beliebten Sprüchen der so genannten Spontiszene: „Gott ist tot – gezeichnet: Nietzsche. Nietzsche ist tot – gezeichnet: Gott.“ Man fühlt sich an den Witz erinnert, wenn man Pressemeldungen vom September dieses Jahres liest. Demnach ist es gelungen, mit Hilfe des Computers die Existenz Gottes zu beweisen. Zeitschriften ließen sich zu der Meldung hinreißen „Ein Wesen existiert, das alle positiven Eigenschaften in sich vereint. Das bewies der legendäre Mathematiker Kurt Gödel mit einem komplizierten Formelgebilde. Zwei Wissenschaftler haben diesen Gottesbeweis nun überprüft - und für gültig befunden.“

Kurt Gödel war einer der genialsten Mathematiker aller Zeiten. Er wurde 1906 in Brünn geboren. 1923 nahm Gödel die österreichische Staatsbürgerschaft an und studierte an der Universität Wien Physik. Er ging auch in Vorlesungen über Philosophie und Mathematik. Nachdem zwei Professoren die Begabung Gödels erkannt hatten, motivierten sie ihn, sich mit Fragen der Mathematik und Logik auseinanderzusetzen. Gödel besuchte auch den „Wiener Kreis“, eine akademische Bruderschaft, die sich mit grundlegenden Fragen der Philosophie beschäftigte.

Gödels Arbeiten sind ein Teil der Wissenschaftsgeschichte. Berühmt wurde Gödel mit seiner Publikation „Über formal unentscheidbare Sätze“. Der erste Unvollständigkeitssatz besagt, dass es in widerspruchsfreien Systemen immer unbeweisbare Aussagen gibt. Der zweite Unvollständigkeitssatz besagt, dass widerspruchsfreie Systeme ihre eigene Widerspruchsfreiheit nicht beweisen können. Äh … wie bitte? Gödel ist harte Kost für Nicht-Mathematiker. Kurt Gödel bewies mit seinen Gesetzen, dass die mathematische Logik Grenzen hat. In allen Wissenschafts- und philosophischen Theorien zählt Gödels Satz zu den meistzitierten überhaupt. In „Gödel, Escher, Bach“ von Douglas R. Hofstadter – eines der besten populärwissenschaftlichen Bücher aller Zeiten – wird das Thema glänzend besprochen.

Gödel versuchte später, nachdem er in die USA emigriert war, einen logischen Gottesbeweis zu entwerfen. Der „Spiegel“ formuliert es so: „Der [Gottes]Beweis ist ein äußerst unzugängliches Formelgebilde. Gödel formulierte ihn in der Modallogik zweiter Stufe - einer Sprache, die den meisten Mathematikern fremd ist.“ 

Welchen Gott hat Gödel „bewiesen“? Den erschreckenden alttestamentarischen Rachegott, den friedfertigen Jesus Christus oder Allah? Gödel hat es selber demonstriert: Jede Logik hat ihre logischen Grenzen. Ein Gott, der sich mittels Computer beweisen ließe, wäre ein armseliges Wesen. Die Gottesbeweismeldung war nur ein triviales Sommerthema.




© 2013 Rudolf Öller, Bregenz



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"Theke, Antitheke, Syntheke"
(Thriller über eine tragikomische Stammtischrunde auf dem Weg in den Tod)
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