Lehrer kennen das Problem. Ein Schüler versagt, die Eltern haben keine Erklärung, Schulpsychologen werden bemüht, Pillen gekauft, Nachhilfelehrer engagiert. Die simple Frage eines Lehrers, der das Vertrauen der Schüler genießt, bringt die Lösung des Problems. Der Schüler bewegt sich täglich stundenlang durch „soziale Netzwerke“ im Internet und spielt fast jede Nacht bis drei Uhr morgens „Doom“, „Battleforge“, „Call of Duty“ und andere Computerspiele. Mädchen surfen noch häufiger in den sozialen Netzwerken (die in Wahrheit keine sind), vertreiben sich die Zeit aber eher mit Spielen wie „Lady Popular“ oder „Lollipop Chainsaw“.
Die wachsende Computersucht eines Teils der Jugendlichen führt nicht nur zu einer Abnahme der Konzentrationsfähigkeit, ein Phänomen, mit dem sich Lehrer immer öfter herumschlagen müssen, sondern auch zu einer schleichenden Verdummung. Manfred Spitzer, ein deutscher Psychiater und Hirnforscher, erläutert in seinem Buch „Digitale Demenz – wie wir uns und unsere Kinder um den Verstand bringen“ (Verlag Droemer) kompetent den Zusammenhang zwischen Intelligenz und Gehirntraining. Der systematische Einsatz der Kernspintomographie und die Möglichkeit, Nervenzellen chemisch zu markieren und zu identifizieren, ermöglichen einen tiefen Blick ins Gehirn. Wir wissen seither, dass unser Gehirn ein Organ ist, das durch Training an Leistung gewinnt und durch Vernachlässigung verkümmert, wobei das Training in der Jugend entscheidend ist. „Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr“ hat einen realen biologischen Hintergrund. Lebenslanges Lernen wird immer wichtiger, aber das neuronale Fundament wird in der Jugendzeit gelegt.
Spitzer beschreibt detailliert, wie sich „Bildungsexperten“ heillos verirrten, als sie den Einsatz von Maschinen im Unterricht propagierten. Es geht dabei nicht darum, Geräte wie Overheadprojektoren und Beamer abzuschaffen, sondern um die Erkenntnis, dass Maschinenparks in Schulen praktisch sind, zum Lernerfolg aber nichts beitragen. So wie die hochgelobten „Sprachlabors“ der Siebzigerjahre verschwunden sind, so verschwinden nun weltweit die Laptopklassen. Die „blended-learning“-Experten des ausgehenden zwanzigsten Jahrhunderts sind schon wieder Schnee von gestern. Wer online im Wikipedia Lexikon nachschlägt, besorgt sich Informationen, trainiert aber nicht das Gehirn. Wie es der Zufall so will, wurde kürzlich die größte Pädagogik-Metastudie (eine Zusammenfassung sehr vieler Studien) des neuseeländischen Professors John Hattie präsentiert. Hattie weist nach, dass nicht Maschinen oder Lehrpläne einen Lernerfolg garantieren, sondern etwas ganz anderes.