Alljährlich in der Vorweihnachtszeit werden an dieser Stelle Bücherempfehlungen für naturwissenschaftlich interessierte Zeitgenossen gegeben. Das heute vorgestellte Buch ist für Leser, die zwar wissen, dass die Quantenphysik die erfolgreichste Theorie aller Zeiten ist und etwas mit Atomen zu tun hat, andererseits aber so mit Mathematik vollgepflastert ist, dass man lieber die Finger davon lässt.
Das Taschenbuch von Peter Ernst Fischer „Die Hintertreppe zum Quantensprung“ (Untertitel: Die Erforschung der kleinsten Teilchen von Max Planck bis Anton Zeilinger), erschienen im Fischer Taschenbuch Verlag, schafft allerdings die Gratwanderung und ermöglicht einen nicht nur reibungsfreien, sondern auch spannenden Zugang zu dieser Materie. Das Buch beginnt bei Max Planck, verharrt etwas beim ersten großen Quantenphysiker Niels Bohr und seinem Freund Werner Heisenberg und reicht bis in unsere Tage.
Im Buch wird mehrmals darauf hingewiesen, dass wir bei der Quantenphysik das, was wir den „Hausverstand“ nennen, bei der Garderobe abgeben müssen. Das beginnt schon beim „Quantensprung“, der im Alltag völlig missverstanden wird. Der Quantensprung ist keine gewaltige Sache, wie manchmal in Sonntagsreden zu hören ist. Ein Quantensprung ist das Kleinste, das die Natur zu bieten hat. Dabei springt ein Teilchen nicht „rauf oder runter“ wie ein Frosch. Das Tier könnte man mit einer Kamera verfolgen und in Zeitlupe darstellen. Nicht so die Elektronen. Die schwirren auf einer Energiestufe im Atom herum und beginnen eine andere Existenz auf einer anderen Energiestufe. Dazwischen gibt es sie gar nicht, nur Lichtquanten berichten vom seltsamen Ereignis.
Die Quantenphysiker werden auch als Menschen mit Zweifeln gezeigt. Erwin Schrödinger, der sich das Rätsel mit „Schrödingers Katze“ ausdachte um dem Laien nichts anderes mitzuteilen, als dass die Quantenwelt verrückt ist, schrieb auch philosophische Bücher. Er stellte dabei Fragen, die, wenn man die Quantenwelt ernst nimmt, weder mit ‚ja‘ noch mit ‚nein‘ beantwortet werden können: Gibt es ein Ich? Gibt es eine Welt neben dem Ich? Hört das Ich auf, wenn der Körper stirbt?
Ernst Fischer vergisst nicht, die Anwendungen der Quantenphysik samt ihren Entstehungsgeschichten zu beschreiben, wie etwa den Transistor, ohne den es keine Computer gäbe, den Laser und andere Dinge. Den roten Faden des Buches bilden aber die Physiker. Leute wie Planck, Einstein, Bohr, Rutherford, Pauli, Heisenberg, Dirac, Schrödinger, Gamov, Feynman, Gell-Mann und andere werden als das dargestellt, was sie waren: außerordentliche Genies. Eine wohltuende Lektüre in Zeiten, in denen unsere Politik den öden Durchschnitt zum Maß aller Dinge macht.