Der griechische Philosoph Aristoteles hielt das Herz für das Zentrum der Gefühle. Er wusste nicht, dass das Herz schneller schlägt, wenn der Adrenalinspiegel steigt. Das Adrenalin wiederum ist ein Produkt der Nebennierendrüsen. Gesteuert wird das ganze vom Stammhirn, in dem unser Betriebssystem sitzt, wobei dieses Stammhirn aus dem evolutionär uralten Hirnstamm und dem Zwischenhirn besteht. Vom Stammhirn aus werden alle automatischen Abläufe, vom Schlaf über die Verdauung bis zum Stress gesteuert. Sogar die Fortpflanzung wird vom hier aus reguliert: Die Eizelle entwickelt sich nicht autonom, sondern auf Befehl des Hormons FSH, das von der Hirnanhangsdrüse kommt.
Gefühle sind in der Entwicklung des Lebens uralt und kommen auch bei Tieren vor, wie Hunde-, Katzen-, Pferdeliebhaber wissen. Verhaltensforscher sind sich heute sicher, dass die Ursprache unserer Vorfahren nicht dazu diente, Angriffspläne auf das Mammut zu entwerfen, sondern Gefühle auszudrücken. Wahrscheinlich ist das der Grund für das reichhaltigere weibliche Gefühlsleben. Frauen beschäftigten sich wortreich mit der Kinderaufzucht, während die wortkargen Männer auf der Jagd kaum Gefühle, dafür Adrenalin und Testosteron benötigten. Gefühle sind auch langlebig. Wenn wir vergessen haben, was uns Lehrer beigebracht haben, so erinnern wir uns doch immer an die Stimmung im Unterricht.
Unsere Gefühlswelt ist auch der Grund, warum es Drogen gibt. Drogen verstärken Gefühle wie Euphorie und Tatendrang oder schwächen sie, wie Angst und Schmerzen. Auch dann, wenn wir nicht Alkohol oder Schmerzmittel konsumieren, sind wir körpereigenen Drogen ausgeliefert. Es ist bekannt, dass bei Dauerstress ein Hormoncocktail produziert wird, der schmerzlindernd und entzündungshemmend wirkt. Das ist der Grund, warum daueraktive Männer zu jammern beginnen, wenn sie plötzlich nichts zu tun haben: Körpereigener Drogenentzug. Bei Frauen erzeugt eine Drüse namens „Gelbkörper“ nach dem Eisprung das Hormon Progesteron, das die Gebärmutter ruhigstellt. Später wird dieses Progesteron vom Mutterkuchen produziert, die werdende Mama wird ruhiger und glücklicher, der Vater nervöser. Nach der Geburt bricht der Progesteronspiegel zusammen, die Mutter wird kurzzeitig depressiv: Körpereigener Drogenentzug.
„Naturheiler“ und „Geisterheiler“ machen sich die Gefühlswelt zunutze, denn Placebos (Scheinmedikamente) erzeugen oft ein gutes Gefühl, was wir Menschen falsch interpretieren. Sich gut zu fühlen bedeutet noch lange nicht, gesund zu sein. Auch nach einer Morphiumspritze fühlt man sich gut. Eine besondere Rolle spielt dabei die Homöopathie, die Königin der Gefühlssysteme. Demnächst mehr dazu.