Das Thema des Philosophicums in Lech im September dieses Jahres beschäftigt sich mit dem Menschen und den Ähnlichkeiten zwischen Tieren und Menschen. Wer hätte das gedacht? Im 19. Jahrhundert waren Leute wie Charles Darwin und seine Anhänger von Philosophen noch mit Hohn und Spott übergossen worden. Im 20. Jahrhundert wurde die Kritik mit dem raschen Wachstum des Wissens leiser und leiser, um dann nach der Zuerkennung des Nobelpreises an den Österreicher Konrad Lorenz ein letztes Mal anzuschwellen.
Während der Zeit des Nationalsozialismus war der Arzt und Zoologe Konrad Lorenz Parteimitglied, was einige Kritiker veranlasste, an seiner wissenschaftlichen Fähigkeiten zu zweifeln. Das war ein Fehlschluss, denn erstens war Lorenz kein gläubiger Nationalsozialist, sondern nur ein Mitläufer, zweitens hatte das auf seine biologischen Forschungen keinen wesentlichen Einfluss. Der zweite Makel bestand darin, dass sich Lorenz weit in Bereiche der Psychologie vorgewagt hatte, was ihm Psychologen damals nicht verziehen haben. Philosophen gingen in den Siebzigerjahren noch einen Schritt weiter. Erwähnte man Konrad Lorenz in den Kreisen gehobener bis abgehobener Philosophen, konnte man Gesichter sehen, die erscheinen, wenn sich Leute auf einem Festbankett mit der Silbergabel am Kopf kratzen.
Konrad Lorenz wurde damals vorgeworfen, von Graugänsen, Raben und anderen Tieren leichtfertig auf Menschen zu schließen, doch Konrad Lorenz hatte etwas anderes im Sinn. Er hat die moderne Evolutionstheorie um angeborene Verhaltensmuster erweitert. Der Fachbiologe sagt, Lorenz habe so genannte Konvergenzentwicklungen bei Verhaltensmustern entdeckt und erstmals beschrieben. Damit hatte er wissenschaftliches Neuland betreten und 1973 zu Recht den Nobelpreis erhalten. Die Biologie ist inzwischen vorangeschritten, hat Lorenz‘ Fehler beseitigt und die Verhaltensforschung zu einer führenden Disziplin gemacht.
Nach einem philosophisch-literarischen Vorabend zum Thema "Tier-Menschen" beginnt das Lecher Philosophicum mit einer Podiumsdiskussion. Geladen sind Vertreter aus der Politik, Wirtschaft und Kunst. Es folgen Vorträge zu den Themen "Der Mensch und andere Tiere" und über die „Erfindung des Haustiers“. Eine Literaturwissenschaftlerin und Albertina-Direktor Klaus Albrecht Schröder werden über Tiere in Literatur und Kunst sprechen. Der österreichische Verhaltensbiologe Kurt Kotrschal geht in seinem Vortrag der Frage nach, warum Menschen mit anderen Tieren sozial sein wollen und können. Verhaltensforschung und Evolutionsbiologie werden also - spät aber doch - im Bereich der Kulturwissenschaften akzeptiert.