Der Lehrer poltert: „Fünfzig Prozent von euch sind so schlecht, dass sie eigentlich rausgeschmissen gehörten.“ Darauf ein Schüler: „Haha, Herr Lehrer, so viele sind wir ja gar nicht.“ Auf den ersten Blick ist das ein Witz, auf den zweiten Blick bittere Realität, denn das Rechnen mit Prozenten ist für viele ein Problem, daher werden mit Prozentzahlen Statistiken noch viel öfter vernebelt als mit Durchschnittszahlen und falschen Gewichtungen.
Es beginnt schon damit, dass alle Prozentzahlen etwas verschweigen. Die Bruchzahlen 2/8, 13/52 und 127/508 besagen alle das gleiche, nämlich 25 Prozent. Jeder Statistiker weiß daher, dass Prozentzahlen überhaupt nichts besagen, solange man nicht weiß, wie sie errechnet wurden. Das gilt übrigens auch für alle anderen statistischen „Beweise“. Es gibt genug groteske Beispiele dafür. Vor rund hundert Jahren beschäftigte sich das bayrische Parlament mit dem Hinweis, dass in einem Dorf die Unmoral um skandalöse 300 Prozent gestiegen war. Des Rätsels Lösung war eine ledige Frau, die Drillinge geboren hatte. In einem Polizeibericht war einmal zu lesen, dass die Aufklärungsrate bei Morden im letzten Jahr auf 200 Prozent gestiegen war. Die Polizei hatte einen neuen Mordfall zu bearbeiten und nebenbei zwei alte Mordfälle früherer Jahre geklärt, was mit Hilfe einer abenteuerlichen Mathematik zu der außergewöhnlichen Erfolgszahl geführt hat.
Die beliebteste Droge statistischer Desperados ist die Wachstumsrate einer Wachstumsrate. Damit kann man lügen, dass sich die Balken biegen, daher wird diese Taktik regelmäßig eingesetzt. Ein Firmenumsatz wächst – angenommen - um 0,8 Prozent und im Folgejahr um 1,2 Prozent. Das ist nicht unerfreulich aber auch nicht berauschend, denn diese Zahlen sind langweiliger als der Club 2 im ORF. Wenn aber die Wachstumsrate der Wachstumsrate angegeben wird, so zeigt sich, dass das Umsatzwachstum um 50 Prozent (von 0,8 auf 1,2) gestiegen ist. Aus einem statistischen Mailüfterl wurde mittels eines rechnerischen Tricks ein Zahlensturm, und alle sind begeistert und applaudieren.
Gewichtete Mittelwerte, gestauchte statistische Grafiken, abenteuerliche Trendanalysen, Prozentberechnungen aus kleinen Zahlen und noch viel mehr Rezepturen lagern in den Giftschränken der Statistiker. Nicht alle Statistiken sind jedoch gefälscht oder manipuliert. Erstklassige wissenschaftliche Arbeiten, Dissertationen usw., die Statistiken enthalten, werden dann anerkannt, wenn die Rohdaten und Quellen eindeutig vorliegen und alles nachvollziehbar ist. „Expertenstudien“, deren statistische Rohdaten unter Verschluss gehalten werden, kann man getrost unter „Grimms Märchen“ einreihen.