Der diesjährige Nobelpreis für Medizin und Physiologie – Alfred Nobel hatte der biologischen Grundlagenforschung die gleiche Bedeutung beigemessen wie der Medizin - hat eine tragische Komponente. Nach der Verkündung des Preises für die Immunologen Bruce Beutler, Jules Hoffmann und Ralph Steinman wurde bekannt, dass Steinman drei Tage zuvor gestorben war. Der Tod des bedeutenden Biologen und Chemikers ändert selbstverständlich nichts am Wert seiner Arbeit. Es zählt zu den größten Errungenschaften der Medizin, die Funktion der Immunabwehr zu kennen. Viele Therapien beruhen darauf, dass wir heute die Reaktionen des Körpers auf das Eindringen von Bakterien oder Viren verstehen. Auch für die Krebsforschung bilden die Erkenntnisse über Immunantworten eine wichtige Basis. Die Diagnose „Krebs“ war noch vor zwei Generationen ein Todesurteil. Heute sind einige Krebserkrankungen immer noch schwer heilbar, aber die Fortschritte sind unübersehbar.
Der Kanadier Ralph Steinman (1943-2011) hat sich mit der Frage beschäftigt, auf welche Weise sich unser Körper an neue Krankheitserreger anpassen kann. Nach einer Infektionskrankheit „merkt sich“ das Immunsystem die Oberflächenstruktur der Eindringlinge. Bei einer erneuten Infektion mit demselben Erreger ist der Organismus dann besser geschützt. Auf diesem Prinzip beruhen alle Impfungen, durch die bisher mehr Menschenleben gerettet wurden als durch jede andere medizinische Maßnahme. Steinmann entdeckte 1973 die Dendritischen Zellen und fand heraus, dass sie T-Zellen aktivieren können. Diese sind in der Lage, Krankheitserreger zu erkennen. Der Luxemburger Jules Hoffmann (geb. 1941) entdeckte 1996 an Fliegen eine Genmutation, die für das Funktionieren der angeborenen Immunabwehr verantwortlich ist. Das Gen, an dem Hoffmann seine Entdeckungen machte, wurde bereits von der deutschen Wissenschaftlerin Christiane Nüsslein-Volhard am Max Planck Institut in Tübingen im Zusammenhang mit der Embryonalentwicklung erforscht. Sie hatte dafür 1995 den Nobelpreis erhalten. Der US-Amerikaner Bruce Beutler (geb. 1957) fand an Mäusezellen einen Rezeptor, der bei einem lebensbedrohlichen septischen Schock eine entscheidende Rolle spielt. Dieser Rezeptor ist dem Protein ähnlich, das Jules Hoffmann bei seinen Fliegen gefunden hatte. Beutler konnte damit nachweisen, dass Insekten und Säugetiere über eine ähnliche angeborene Immunabwehr verfügen.
Die Forschungsergebnisse der drei Nobelpreisträger werden dazu führen, dass die so genannten Autoimmunerkrankungen in Zukunft wirksamer behandelt werden können. Außerdem darf die Entwicklung noch besserer Impfstoffe erwartet werden.