Wir Europäer sind stolz auf unsere jüdisch-christlichen Wurzeln.
Diese haben weniger mit Religion zu tun als mit profanen Dingen. Es
mag merkwürdig anmuten, aber der Ursprung der weltlichen Wissenschaften
liegt innerhalb der jüdischen und christlichen Religionen und ihren
Büchern.
Die Tora („Belehrung“) ist ein Teil des Tanach, der jüdischen
Bibel. Die Tora besteht aus den fünf Büchern Moses’,
die sich auch in der christlichen Bibel finden. Der Tanach ist dem Alten
Testament der Bibel sehr ähnlich. Das Neue Testament mit den Evangelien,
den Apostelbriefen und der Apostelgeschichte sind ausschließlich
Teile der christlichen Bibel.
Bis zum Mittelalter wurde die Bibel absolut wörtlich genommen,
alles was darüber hinausgeht, wurde ignoriert, vor allem auch die
Fehler und Widersprüche. So werden im Buch Leviticus im Kapitel
11 die Fledermäuse irrtümlich zu den Vögeln gezählt.
Raben, Möwen und Falken werden als Gräuel bezeichnet, Eidechse,
Chamäleon und Maulwurf sind unrein, und niemand weiß bis
heute, warum. Nachdem Städte, Länder, Völker, Pflanzen,
Tiere und chemische Elemente entdeckt worden waren, die nicht in der
Bibel verzeichnet sind, war in der Kirche Handlungsbedarf gegeben. Den
ersten Schritt nach vorne machte dabei der hoch gebildete Dominikanermönch
Thomas von Aquin (1225 – 1274), der mehrere Reisen unternahm und
1323 heilig gesprochen wurde. Ab 1567 zählte ihn die Kirche neben
Augustinus, Hieronymus, Ambrosius und Gregor zu den großen Kirchenlehrern.
Thomas von Aquin führte den griechischen Philosophen Aristoteles
als Vertreter der Wissenschaft in die Kirche ein. Diese Maßnahme
veranlasste die Theologen und Philosophen zu einer Hinwendung auf diesseitige
Themen, was der eigentliche Beginn der Wissenschaften war. Obwohl einige
Draufgänger wie der Franziskanermönch Roger Bacon (1214 –
1294) oder der Astronom Galileo Galilei (1564 – 1642) bekämpft
wurden, begann unter den Christen und Juden ein neuer Geist zu wehen,
denn parallel zum Christentum entstanden in der Nähe jüdischer
Synagogen Talmudschulen. (Der Talmud ist nach dem Tanach die bedeutendste
religiöse Schrift der Juden). Im Christentum und Judentum entwickelte
sich dauerhaft eine gebildete Bürgerschicht, was dazu führte,
dass so gut wie alle großen Wissenschaftler und fast alle Nobelpreisträger
aus dem christlich-jüdischen Kulturkreis kommen.
Mit dem unaufhaltsamen kulturell-wissenschaftlichen Aufstieg Europas
kam es im Islam zu einem Rückschritt, als moslemische Gelehrte
die naturwissenschaftlichen Arbeiten verfluchten und das Studium der
Religion und des islamischen Rechts zum einzigen Weg in das Reich Allahs
erklärten.