Der Kalauer des englischen Kriegs-Premiers Winston Churchill, wonach
er sich seine Statistiken am liebsten selber fälsche, ist alt und
bekannt. Heutzutage ist es aber gar nicht mehr notwendig, Zahlen zu
fälschen, es genügt schon, wenn man sie abenteuerlich deutet
oder Interpretationen übergeht. Besonders fehlerbehaftet sind Umfragen.
Die Meinungsforschungsinstitute mit ihren Wahlprognosen zeigen dies
regelmäßig.
Ein Beispiel für Statistikvoodoo ist die internationale Vergleichsstudie
„ROSE“ („The Relevance of Science Education“)
vom Sommer 2008. Dabei wurde nicht schulisches Wissen erhoben, sondern
Interessen abgefragt. In Österreich ist laut Studie das Interesse
für Wissenschaft groß, aber im Klassenzimmer „komme
Schulbuchwissenschaft nicht an“. In Österreich gibt es rund
1,15 Millionen Schüler. An der Studie haben 26 Schulklassen teilgenommen,
also rund 650 Schülerinnen und Schüler. Der Aussagewert der
Studie ist daher minimal. Ich denke an meine eigene Schulzeit zurück.
Der Physikunterricht war zu vergessen und der Biologieunterricht läppisch.
Nur Chemie hatte Niveau. Trotzdem hat ein Großteil meiner Mitschüler
Karriere in naturwissenschaftlich-technischen Berufen gemacht.
Bei anderen vergleichenden Studien sind fehlende Antworten zu kritisieren.
TIMSS 2007 (mathematische Fähigkeiten) bildete zusammen mit PIRLS
2006 (Fähigkeiten im Lesen) eine Grundschulvergleichsstudie bei
den Neun- bis Zehnjährigen. Insgesamt wurde - durchschnittlich
- ein mittelmäßiges Abschneiden Österreichs festgestellt.
Das eigentlich Sensationelle an den Untersuchungen sind aber die laut
Analyse „dramatischen Unterschiede“ der Volksschulen –
momentan die einzige Gesamtschule Österreichs. Die Volksschulen
sollten eigentlich ähnliche Resultate zeigen, weil die Lehrer gleiche
Ausbildung haben. Der Unterschied zwischen den besten und schlechtesten
einheimischen Volksschulen ist aber doppelt so groß wie der Unterschied
zwischen Österreich und den Testsiegern. Könnte man die schlechten
Volksschulen auf das Niveau der guten anheben, würde Österreich
alle anderen Länder schlagen. Es ergeben sich hier zwingend Fragen,
die bis heute nicht beantwortet wurden: Welche Volksschulen sind die
Sieger, welche Methoden werden dort angewendet, und wie hebt man das
Niveau der schlechten Volksschulen?
Es ist bekannt, dass mit schlecht interpretierten Statistiken bisweilen
Politik betrieben wird. Diese Entwicklung ist aber fatal, denn der Ruf
der Politik wird dadurch noch mehr beschädigt, und die zur Objektivität
verpflichteten Wissenschaften bekommen so lange Kratzer, bis sie unwiderruflich
beschädigt sind.