Die Explosion des Kernkraftwerks Tschernobyl in der Ukraine ist ein
typisches Beispiel für die Sorglosigkeit im Umgang mit gefährlicher
Technik. Im Block 4 des Kernkraftwerkes war ein Versuch geplant. Es
sollte erprobt werden, wie lange im Falle eines allgemeinen Stromausfalls
die Schwungkraft der leer laufenden Turbine noch genügend Strom
lieferte, um die Notaggregate starten zu können. Der so genannte
„RBMK-1000“ war ein neuer Reaktortyp, von dem sich später
herausstellen sollte, dass er nicht nur zur Produktion von elektrischer
Energie sondern auch zum Ausbrüten von bombenfähigem Plutonium
gebaut worden war.
Am 25. April 1986 um 14 Uhr wurde das Notkühlsystem abgeschaltet,
um eine automatisch auftretende Kühlung während des Versuches
zu behindern. Bereits diese Maßnahme war äußerst riskant,
weil Reaktoren lange Zeit gefährliche Restmengen an Wärmeenergie
speichern können.
Um 23 Uhr wurde die Leistung des Reaktors gesenkt. Das Abschalten eines
1000 Mega-Watt Atomreaktors ist wegen der hohen Temperaturen in kurzer
Zeit schwierig durchzuführen. Es gelang vorerst, die Leistung auf
200 Megawatt herunterzufahren. Um 1:22 Uhr nachts überschritt die
Neutronenstrahlung einen kritischen Wert. Als die Techniker die bedrohliche
Lage erkannten, wurden die Kühlwasserpumpen auf höhere Leistung
geschaltet, was wiederum die Reaktortemperatur senkte. Die Techniker
zogen weitere Steuerstäbe nach oben, was den Reaktor wieder anheizen
sollte. Als Folge davon verschärften sich die Leistungsschwankungen,
im Reaktor begann es gefährlich zu wabbern.
Nun sollten die ursprünglich geplanten Versuche beginnen. Die
Techniker schalteten die Notsignale aller Ventile ab, um nicht gestört
zu sein. In diesem Augenblick befand sich der riesige Atomreaktor mit
den händisch eingestellten Kühlwasserpumpen und den zuviel
gezogenen Regelstäben bereits in einen gefährlich instabilen
Zustand, aber zu diesem Zeitpunkt hätte das Kernkraftwerk noch
gerettet werden können. Um 1:23 Uhr begann der Turbinenversuch.
Die Ventile wurden geschlossen, um die Turbine in den Leerlauf zu versetzen.
Die Leistung des Reaktors stieg daraufhin heftig an. Um 1:23 Uhr und
40 Sekunden erkannte ein Ingenieur die Gefahr und begann, alle Steuerstäbe
in den Reaktorkern zu senken. Eine heftige Erschütterung trat ein.
Der Schichtleiter erschrak derart, dass er in Panik den "roten
Knopf" drückte - alle Regelstäbe fielen sofort in den
Reaktorkern. Unmittelbar darauf zerrissen zwei Explosionen den Reaktor.
Radioaktive Teilchen entwichen, töteten tausende Menschen, verteilten
sich über die ganze Erde und werden noch in Jahrhunderten in der
Natur nachzuweisen sein.