„Vom Eise befreit sind Strom und Bäche durch des Frühlings
holden belebenden Blick, im Tale grünet Hoffnungsglück; der
alte Winter, in seiner Schwäche, zog sich in raue Berge zurück.“
Der Osterspaziergang in Goethes „Faust“ drückt die
Freude der Menschen über die aufblühende Natur aus. Die Natur,
das ist nicht nur die Menge an Bäumen, Sträuchern, Bienen
und Singvögeln. Die Natur ist auch das, was uns bedroht: Viren,
Bakterien, Parasiten und die menschliche Gier nach Wohlstand und Reichtum.
Der bekannte Sachbuch- und Science Fiction-Autor Isaac Asimov hat einmal
die Frage gestellt: „Wie viele Menschen kann die Erde mit welchem
Stand der Technik ernähren?“ Klugerweise hat er noch angefügt:
„Und bei welchem Stand der menschlichen Würde?“ Vor
allem die letzte Frage ist berechtigt, weil eine übervölkerte
Erde keinen Sinn ergibt, es sei denn, man ist religiöser Fundamentalist
und sieht die höchste Bestimmung darin, den Himmel mit einer Maximalzahl
an Seelen zu bestücken. Die Schätzungen über die Tragfähigkeit
unseres Planeten gehen auseinander, liegen aber insgesamt zwischen acht
und zwölf Milliarden Menschen. Politiker, Naturwissenschafter,
Philosophen und Theologen sind sich darüber einig, dass es nicht
klug ist, bis an diese Grenzen zu gehen, sie quasi auszutesten. Die
ersten massiven Belastungstests haben jedoch längst begonnen. Das
Sterben der Regenwälder, die Wüstenbildung und der Trinkwassermangel
sind deutlich erkennbare Grenzmarken. Man kann es drastisch ausdrücken.
Bei zwölf Milliarden Menschen hätten wir alle den derzeitigen
Lebensstandard der dritten Welt. Bestenfalls.
Die gesamte Biomasse (alle Lebewesen) wird mit rund zweitausend Milliarden
Tonnen angenommen. 99 Prozent entfallen dabei auf die Pflanzen, auf
die Menschen nur 0,01 Prozent. Jedes Jahr entsteht durch die Photosynthese
der grünen Pflanzen, im Fachjargon Netto-Primärproduktion
genannt, eine Biomasse von rund 170 Milliarden Tonnen. Homo sapiens,
der mengenmäßig ein Fliegengewicht darstellt, plündert
für Nahrung und Nutztierzucht bereits ein sattes Zehntel dieser
pflanzlichen Primärproduktion. Satellitenauswertungen zeigen, dass
bereits vierzig Prozent der eisfreien Landfläche landwirtschaftlich
genutzt werden, zwei Drittel davon sind Viehweiden. Diese Anteile sind
nicht mehr zu steigern, es sei denn wir akzeptieren die ultimative Verwüstung
unseres Planeten.
Goethes Osterspaziergang endet mit „Zufrieden jauchzet groß
und klein: Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!“ Das Bevölkerungswachstum
und unsere absurde Gier müssen energisch gestoppt werden, wenn
wir auch unseren Nachkommen das Menschsein ermöglichen wollen.